Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Bilanz der deutschen EU-Ratspräsidentschaft

Vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 hatte Deutschland turnusgemäß für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft inne. Klar ist: Das Jahr 2020 war europaweit von der Corona-Pandemie bestimmt. Aber auch andere Themen forderten die Bundesrepublik heraus: Der Brexit, Flucht und Migration, der EU-Haushalt und die transatlantischen Beziehungen, um nur einige zu nennen. Wir ziehen ein Fazit der deutschen Ratspräsidentschaft und stellen die politischen Ergebnisse vor. Seit dem 01. Januar hat Portugal die Ratspräsidentschaft übernommen und sieht sich weiterhin mit der Corona-Pandemie konfrontiert.

Erschwerte Bedingungen

Die Corona-Pandemie zwang auch in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zum Umdenken: Wichtige persönliche Treffen entfielen und wurden durch Videokonferenzen ersetzt. Zuvor festgelegte Schwerpunkte mussten verworfen werden. Kurz vor Beginn der Ratspräsidentschaft veröffentlichte das Auswärtige Amt ein 25 Seiten umfassendes Papier, in dem sechs Themen vorgestellt wurden, die sich Deutschland für die Ratspräsidentschaft vorgenommen hat: die dauerhafte Überwindung der Corona-Pandemie, die Haushaltsverhandlungen, der Brexit-Deal, Klimaschutz, Digitalisierung und Europas Rolle in der Welt.

(c) Bundesregierung

Grundsätzliche Vorhaben wurden erreicht

Insgesamt kann sich die Bilanz der Vorhaben sehen lassen: Kurz vor Ablauf der Frist einigten sich die EU und Großbritannien auf einen Brexit-Deal, auch der Haushalt bis 2027 steht und der Corona-Aufbaufonds in der Höhe von 750 Milliarden Euro steht bereit.  Auch ein Klimaschutz-Gesetz wurde verabschiedet und ein Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln, wenn einzelne Mitgliedsstaaten gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen, wurde eingeführt. Dieses Verfahren wird von einigen Parlamentarier:innen als nicht streng genug angesehen; durch die Blockade-Haltung von Ungarn und Polen musste die ursprüngliche Fassung geändert werden und es wurde sich auf einen abgeschwächten Kompromiss geeinigt, dem auch Ungarn und Polen zustimmten. Auch die, wenn auch teilweise stark kritisierte, gemeinsame europäische Corona-Impfstrategie wurde in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission erarbeitet.

Offene Fragen bleiben bestehen

Trotz der erreichten Maßnahmen und Fortschritte bleiben einige Fragen offen. So konnte für ein gemeinsames Asylrecht kein Fortschritt erreicht werden. Eine Reform steht immer noch aus und das Flüchtlingslager Moria II kann genauso wenig europäischen Ansprüchen an Humanität gerecht werden wie das erste, abgebrannte Lager in Moria. Deutlich wird hierbei insbesondere, dass die Dringlichkeit einer Reform bei den 27 Mitgliedsstaaten unterschiedlich bewertet wird, da sie nicht alle gleich betroffen sind.

Text: Lea Mindermann