Für eine europäische Zukunft: Europawahl 2019 (15.05.2019)

Für eine europäische Zukunft: Europawahl 2019 (15.05.2019)

Am 15. Mai waren wir im Haus Witten, um mit Frau Dr. Sigrid Fretlöh vom Rednerdienst Team Europe der Europäischen Kommission über die Zukunft der EU zu sprechen, insbesondere auch vor dem Hintergrund erstarkender populistischer und extremistischer Tendenzen in Europa. Thema war dabei natürlich auch die bevorstehende Europawahl am 26. Mai 2019. So wurde sich gemeinsam kritisch, aber konstruktiv mit der EU auseinandergesetzt. Dabei blieb ein Punkt jedoch unumstritten: Die Wichtigkeit der EU.

Schon zu Beginn der Veranstaltung wies Dr. Fretlöh auf den Hintergrund des Treffens hin. Es gebe in Europa immer mehr nationale Tendenzen, was ihr große Sorgen bereite. In Bezug auf die zu diesem Zeitpunkt nahende Europawahl,stellte sie also fest: „Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen.“ Sie appellierte daran, wählen zu gehen und sich über Europapolitik zu informieren. „Die EU ist nicht einfach und es gibt auch keine einfachen Lösungen, aber nur weil sie kompliziert ist, rechtfertigt das nicht, keine Stimme abzugeben.“, begründete Fretlöh entschieden. Sie werde diese Veranstaltung nutzen, um den Teilnehmer*innen einen Überblick über die EU zu geben.

Die EU – kompliziert, aber machbar

Nach einem kurzen Überblick über die EU, ihre Entwicklung, Verträge und Institutionen, erklärte sie das Gesetzgebungsverfahren und kommentierte: „Allein das Verfahren, um ein fertiges Gesetz zu bekommen, ist schon kompliziert, aber es funktioniert. Man muss nicht den kleinsten Schritt verstehen, um das ganze System abzulehnen.“ Denn Ablehnung erfahre die EU seit geraumer Zeit immer stärker. Hier gehe es vor allem um die Forderung, Deutschland wieder zum Nationalstaat zu machen, da die Angst vor Kontrollverlusten immer größer werde. Man sei alleine ohne eine europäische Gemeinschaft stärker. Hier sehe sie vor allem eine große Veränderung im Sprachstil der Menschen und der Medien. Es gebe mehr Aggressivität und „laute Meinungen“ im politischen Umfeld. In diesem Zuge kam sie auf das Thema Populismus zu sprechen: „Der Populismus tut so, als kenne er den Willen des Volkes.“ Es gebe viel Kritik, aber wenig Lösungsansätze. Darüber hinaus sei es typisch, bestimmte Gruppen der Bevölkerung als Sündenböcke darzustellen und Menschen aus der Gesellschaft auszuschließen. „Da muss man gegen halten“, kommentierte Fretlöh, „aber nicht mit Aggressivität“.

19_05_15 VHS Witten

Frau Fretlöh erklärt die europäischen Institutionen (Für eine europäische Zukunft: Europawahl 2019 am 15.05.2019)

Die EU auf Instagram

Ein weiteres Thema der Veranstaltung war die anstehende Europawahl. Hier ging es auch um die Wahlbeteiligung seit 1970: „Die Zeiten der hohen Wahlbeteiligung sind leider vorbei.“, so Fretlöh. Dies sei zwar bedauerlich, die Tendenz steige aber langsam wieder. In diesem Zusammenhang stellte sie eine Frage in die Runde: Solle man eine Wahlpflicht einführen? Dieser Gedanke sei gar nicht so dumm, meinten einige Teilnehmende. Man profitiere von der EU, habe viele Vorteile, also könne man auch wählen gehen. „Bei einer Klassensprecherwahl beteiligen sich doch auch alle.“, argumentierte eine Teilnehmerin. Andere waren der Meinung, dass man zumindest keine falsche Entscheidung treffe, wenn man nicht wählen geht. Die Informationen über die EU seien zu knapp und Europapolitik zu kompliziert und unverständlich. „Es ist bei den Bürgern einfach noch nicht angekommen, dass die Europawahl wichtig ist.“, meinte ein Teilnehmer, dabei gebe es so viele Möglichkeiten sich zu informieren. Das sah ein anderer Teilnehmer anders. Ihm sei es zu aufwändig, verständliche Informationen zu finden und er wolle, dass die Politiker*innen auf ihn zugehen. Eine weitere Teilnehmerin argumentierte, es gebe vor allem für junge Erstwähler*innen einen großen Mangel an Informationen. „Die EU erreicht nur diejenigen, die es interessiert.“ Fretlöh wendete sich an die Erstwähler*innen der Teilnehmergruppe und fragte, wie die EU eine Brücke schlagen könne. „Zum Beispiel mit Instagram-Werbung“, meinte ein Teilnehmer. Es werde auf sozialen Netzwerken Werbung angezeigt, wieso dann keine politischen Inhalte? Eine andere Teilnehmerin schlug vor, in der Schule schon früher über Europapolitik zu informieren. Politikunterricht sei meist mit anderen Themen belegt, sodass Europapolitik zu kurz käme und nur wenige über die EU Bescheid wissen.

19_05_15 VHS Witten

Die schönen Räume des Haus Witten (Für eine europäische Zukunft: Europawahl 2019 am 15.05. 2019).

Zusammenhalt, Teamarbeit und Verantwortungsbewusstsein

Was könne man also ändern, fragte Fretlöh gegen Ende der Veranstaltung. Die Politikverdrossenheit, meinten einige. Außerdem müsse man die Verantwortlichkeit der Leute wieder wecken, sich aktiv zu informieren. „Wenn es keinen interessiert, müssen wir uns auch nicht auf den Kopf stellen.“, kommentierte eine Teilnehmerin. Außerdem müsse man die Menschen schon früh auf politische Themen aufmerksam machen. Bildung sei hier ein wichtiges Thema. Dadurch könne man Teamarbeit, Zusammenhalt und Verantwortungsbewusstsein lernen, denn dies brauche man in der europäischen Gemeinschaft. Am wichtigsten sei aber, dass die Europäische Union erhalten bliebe, da waren sich alle einig. „Die EU ist als Ganzes viel effektiver und stärker, als ein einziges Land.“, so Fretlöh und der Brexit ein guter Beweis dafür, was alles falsch laufen könne.

Die Veranstaltung wurde vom Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de e.V. gemeinsam mit der VHS Witten Wetter Herdecke  organisiert.

 

Text von: Celine Kutzner, Auslandsgesellschaft.de e.V.

Fotos: © Karin Bienkowski, Auslandsgesellschaft.de e.V.