2019_09_11 Workshop Populismus

Workshop “Das Prinzip Populismus – Demokratie auf dem Spiel?” mit dem Konrad-Klepping-Berufskolleg Dortmund (11.09.2019)

Auch im zweiten Workshop zum Thema „Das Prinzip Populismus – Demokratie auf dem Spiel?“ mit dem Berliner Bildungsinstitut Planpolitik ging es um die Frage, was die populistische Versuchung eigentlich ausmacht und warum vom Populismus überhaupt so eine große Gefahr für die Demokratien in Europa und damit die EU ausgeht. Doch was verstehen wir überhaupt unter Demokratie? Sind Populist*innen nicht auch einfach nur „laute und polarisierende“ Demokrat*innen? Diese Fragen galt es für die Schüler*innen des Konrad-Klepping-Berufskollegs Dortmund mit Hilfe von vielen praktischen Beispielen zu ergründen.

Ohne „Icebreaker“ ging es diesmal sofort los. Warum auch nicht, war es mit 30 Schüler*innen auch eine viel größere Gruppe als tags zuvor bei den ersten Workshops der Europa-Projektwochen, die dieses Jahr ganz im Zeichen von „Populismus und Extremismus in Europa“ stehen. Wie schon am Vortag interviewten sich die Schüler*innen zunächst gegenseitig zu ihrem Politikverständnis. Aufgrund der anderen persönlichen Hintergründe der Schüler*innen taten sich dabei einige Unterschiede auf. Als Beispiel, wie (Europa-)Politik ihr Leben beeinflusse, fielen den Schüler*innen vor allem globale Konflikte ein: „Politik ist, dass die EU gerade Geld an Albanien und Bosnien zahlt, so dass sie irgendwann beitreten können.“ Einfacher kann man die EU-Nachbarschaftspolitik der letzten 20 Jahre eigentlich nicht herunterbrechen. Ansonsten trieben die Schüler*innen auch andere Konflikte um, wie etwa das Schicksal der Kurd*innen in der Türkei, „Albanien vs. Serbien“ oder eben Erdogan als Präsident der Türkei an sich. Aber Politik habe auch sehr viele positive Auswirkungen auf ihr Leben, wie den Mindestlohn. Schlagworte wie „Freiheit“ und „Sicherheit“, das allem übergeordnete Glück, „nicht in einer Diktatur leben zu müssen“, wurden ebenfalls genannt.

2019_09_11 Workshop Populismus

Besonders trieb die Schüler*innen die Frage um, wie man Populist*innen und deren Strategien erkennen kann. (Workshop “Das Prinzip Populismus – Demokratie auf dem Spiel?” mit dem Konrad-Klepping-Berufskolleg Dortmund am 11.09.2019.)

Zum übergeordneten Thema des Workshops, Populismus in Europa, fiel den Schüler*innen einiges mehr ein als ihren Vorgänger*innen. Gerade die europäische Dimension blieb nicht vernachlässigt. Schnell wurden aus den Interviews Geert Wilders in den Niederlanden, die aktuelle polnische Regierung und Viktor Orbán aus Ungarn im Zusammenhang mit Populismus in Europa genannt. Dass die AfD ebenfalls ganz oben angesiedelt war, erklärt sich in Deutschland ja mittlerweile beinahe von selbst. Zur Unterscheidung zwischen Rechts- und Linkspopulismus hatten die Teilnehmer*innen erstaunlich viel beizutragen. Linke Populist*innen bildeten eine Gemeinschaft, seien für „offene Grenzen“ und vor allem gegen Reiche. Viel besser hätte das die französische Theoretikerin Chantal Mouffe, die sich in ihren soziologischen Studien mit Populismus auseinandersetzt, auch nicht auf einen Bierdeckel gebracht. Charakteristisch für den Rechtspopulismus war für die Schüler*innen vor allem die Hervorhebung des Nationalstaats, „Selbstsucht“ und eine inhärente Ausländerfeindlichkeit. Ein Schüler sagte: „Das ist ja kein Geheimnis, wenn irgendwas Schlechtes passiert in Deutschland, dass immer geschrien wird ‚Ausländer!‘ oder dann eben auch noch ‚Moslem!‘.“ So ganz Unrecht hat er damit nicht, wobei sich diese Externalisierungsstrategie nicht nur auf rechtspopulistische Parteien beschränkt. Rechtspopulismus als generelles Phänomen gesellschaftlichen Umbruchs? Eine Schülerin fand, da sei etwas dran: „Ich würde sagen, dass Populismus entsteht, wenn sich was verändert, gerade während der Flüchtlingskrise nimmt der Rechtspopulismus eben zu.“

Das Demokratie-Bingo drehte sich dieses Mal vor allem um das Thema Medien und Pressefreiheit. Für die Schüler*innen war sehr schnell klar, dass Medien als “vierte Gewalt“ sehr wichtig seien, „weil sie sehr viel Macht haben“. Gerade im Umgang mit Rechtspopulist*innen sei eine wahrhaftige Berichterstattung besonders wichtig, fanden die Schüler*innen. Dem Mehrheitsprinzip näherten sie sich über den Minderheitenbegriff: Auch wenn es wichtig sei, was die Mehrheit entscheide, dürften Minderheiten nicht übergangen werden und müssten besonders geschützt werden. So eine Schülerin: „Minderheiten sind kleinere Gruppen in der Gesellschaft, die müssen besonders geschützt werden.“ Ein anderer Schüler berichtete aus seinen persönlichen Erfahrungen mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft und fügte am Ende ganz lakonisch hinzu: „Ja, als Minderheit haste halt einfach Pech.“ Eigentlich sollte niemand in Deutschland so etwas sagen müssen. Wer dennoch ein Interesse daran haben könnte, dass sich Menschen in Deutschland nicht willkommen fühlen, ist definitiv Alexander Gauland, dessen Rede als nächstes analysiert werden sollte.

2019_09_11 Workshop Populismus

Viele der Schüler*innen waren schockiert von den Anschuldigungen und Unwahrheiten, die etwa Vertreter*innen der AfD über Muslime in Deutschland verbreiten. (Workshop “Das Prinzip Populismus – Demokratie auf dem Spiel?” mit dem Konrad-Klepping-Berufskolleg Dortmund am 11.09.2019.)

Auch wenn es bei der Analyse in den Kleingruppen mitunter ordentlich laut zuging, wurde sehr gut mitgearbeitet. Auch dieses Mal störten die Schüler*innen die offensichtlichen Widersprüche in der Ideologie der AfD: „Die Leute von der AfD sind gegen Ausländer, doch wie kommt es dann, dass manche der Leute von der AfD selbst Ausländer sind?“ Wobei es zu klären gelte, ob so ein dünner Chauvinismus überhaupt den Namen Ideologie verdiene. Am Ende machte die Gauland-Rede klar, dass der Populismus vor allem ein Geschäft mit der Angst ist. Ein Geschäft, das Populist*innen leider nur zu gut verstehen. Eine der Schüler*innen fasste es am Ende so zusammen: „Aber das ist doch der Sinn von Populismus an sich, dass man sich eine Gruppe sucht, eine Minderheit von Deutschen, die Angst haben, und das Thema dann aufbauscht.“

Die Veranstaltung wurde vom Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de e.V. mit Unterstützung vom DGB Dortmund-Hellweg, der Stadt Dortmund und dem Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus Dortmund organisiert. Wir danken der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen für die freundliche Förderung des Projekts.

Text von: Lorenz Blumenthaler, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Fotos: © Lorenz Blumenthaler und Lena Borgstedt, Auslandsgesellschaft.de e.V.