2020_01_21 ARTE Reportage

„Europa in der Welt – Die Sendung ARTE Reportage“ (21.01.2020)

Wie genau entstehen eigentlich die spannenden Formate des Fernsehsenders ARTE? Wie läuft der Dreh einer Auslandsreportage ab? Diese und weitere Fragen konnten wir am 21. Januar 2020 mit jemandem klären, der uns Informationen aus erster Hand geben konnte: Uwe-Lothar Müller arbeitet seit 24 Jahren für den deutsch-französischen Fernsehsender ARTE und ist dort in Straßburg für die Sendung „ARTE Reportage“ tätig. Wie diese entsteht und warum sie gerade für uns in Europa so wichtige Botschaften vermittelt, erklärte Müller in einem spannenden Vortrag, organisiert von der Auslandsgesellschaft.de e.V., der Deutsch-Französischen Gesellschaft Dortmund und dem Europe Direct Dortmund.

 Seit 1992 ist der Fernsehsender ARTE auf Sendung und kann überall in Europa empfangen werden. Es handelt sich um ein gemeinsames Projekt von Deutschland und Frankreich, dessen Ziel es ist, zur Völkerverständigung beizutragen und diese zu festigen. Insgesamt werden auf dem Sender zu 85% Eigenproduktionen ausgestrahlt, daneben jedoch auch viele bekannte und noch weniger bekannte Spielfilme.

Anders als Privatsender ist der Sender ARTE laut Müller nicht so sehr darauf angewiesen, besonders hohe Einschaltquoten zu erzielen. Dies biete den Mitarbeiter*innen die Möglichkeit, das Programm des Senders nach den eigenen Interessen und somit sehr vielfältig zu gestalten. So ist bei ARTE von aktuellen Nachrichten über Dokumentationen bis hin zu Konzertübertragungen alles dabei.

2020_01_21 ARTE Reportage

Pascale Gauchard, Leiterin der Deutsch-Französischen Gesellschaft Dortmund, begrüßt Referent Uew Lothar Müller, Redaktionsleiter bei ARTE Reportage.

„Wir zeigen das, was man so noch nicht gesehen hat.“

 Besonders bekannt ist der deutsch-französische Sender aber auch für sein Format „ARTE Reportage“, in dem aktuelle Entwicklungen in der europäischen und internationalen Politik aus nächster Nähe betrachtet werden. Laut Müller möchte das Team bei der Produktion vor allem eines zeigen: Das, was man so noch nie gesehen hat. Dabei gehe es insbesondere darum, neue und vertiefte Einblicke in Themen und Länder zu verschaffen, von denen die Zuschauer*innen eigentlich denken, sie wüssten bereits alles. Dabei gelingt es „ARTE Reportage“, Entwicklungen und Probleme aufzuzeigen, die in den europäischen Medien ansonsten (noch) kaum besprochen werden. So berichtete eine der Reportagen bereits vor mehreren Monaten über die Verfolgung der Uiguren in China.

Bei der Produktion der Reportagen ist es laut Müller besonders wichtig, dass die Reporter*innen vor Ort möglichst „ohne Wissen“ an Sachverhalte herangehen und auch die Redakteur*innen daheim keine zu spezifischen Erwartungen an die Ergebnisse haben, denn das sei „der Tod jedes Journalismus. Die Realität ist immer anders, als wir uns sie vorstellen.“ In vielerlei Hinsicht hätten sich die Arbeitsbedingungen für Fernsehreporter*innen heute deutlich vereinfacht: Früher musste stets eine sehr schwere, sperrige und teure Kamera mitgenommen werden. Filmaufnahmen waren nur unter optimalen Lichtverhältnissen mit entsprechender Beleuchtung möglich. Heute hingegen können auch Handykameras gute Aufnahmen liefern, und die Nutzung von Drohnen bietet einen guten Überblick über das Geschehen. Reporter*innen können so mittendrin im Geschehen sein und bewegende Eindrücke vermitteln, beispielsweise von Großdemonstrationen. Zum Teil würde die Arbeit jedoch dadurch erschwert, dass Journalist*innen in vielen Ländern, zum Beispiel im Libanon oder Indien, immer seltener ein Visum erhalten. So werde eine Berichterstattung nahezu unmöglich, was die Reporter*innen dazu zwinge, „gelegentlich die Grenzen des Legalen auszureizen“.

2020_01_21 ARTE Reportage

Warum ARTE Reportage für uns in Europa so relevant ist, erklärte ihr Redaktionsleiter Uwe Lothar Müller.

Einen Blick über den eigenen Tellerrand werfen

 Aber warum ist es so wichtig für uns in Europa, was im Rest der Welt passiert? Was haben Demonstrationen im Libanon oder verschmutzte Flüsse in Bangladesch mit uns zu tun? Müller ist überzeugt, dass es für die Menschen in Europa und insbesondere in der EU unverzichtbar ist, öfter mal „einen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus“ zu werfen. Denn nur so ließen sich aktuelle Herausforderungen und deren Zusammenhänge tatsächlich verstehen. Das gelte nicht nur, aber auch für die Flüchtlingssituation in Europa. Ein Blick auf die Problemstellungen, mit denen Menschen in anderen Ländern zu kämpfen haben, zeige uns zudem, in welch privilegierter Position der Großteil der Menschen in und dank der EU leben könne und relativiere so manche unserer Probleme.

Das Magazin „ARTE Reportage“ läuft immer samstags um 17.15 Uhr auf ARTE. Die bisherigen Sendungen können Sie zudem in der ARTE-Mediathek ansehen.

Text: Rebecca Melzer, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Foto: © Rebecca Melzer und Ivanna Andreitsiv, Auslandsgesellschaft.de e.V.