2019_02_05 Zukunftswerkstatt Falken NRW

Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019: Besuch von den Falken NRW in Dortmund (05.02.2019)

Die EU und ich. Unter diesem Motto starteten wir in eine weitere Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019. Zusammen mit Jugendlichen, die in einer Einrichtung der Falken NRW ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, haben wir nicht nur die Institutionen der EU, sondern auch die kommende Europawahl 2019 unter die Lupe genommen. Als ‚Special Guests‘ hatten wir zwei EU-Experten*innen zu Besuch: Judith Schilling, stellvertretende Leiterin der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn, und Bernhard Rapkay, Mitglied des Europäischen Parlaments von 1994 bis 2014, konnten von den Jugendlichen über die EU und Europapolitik ausgefragt werden.

Die Teilnehmer*innen der Zukunftswerkstatt starteten mit einem kurzen Warm-up in den Tag, um das Eis zu brechen und sich erste Gedanken über die Europäische Union zu machen. Dabei stellte sich heraus, dass sich alle Freiwilligen als Europäer*innen fühlen und am 26. Mai ihre Stimme bei der Europawahl abgeben wollen.

Aufgewärmt ging es über in unsere Institutionenkunde, in der die jungen Erwachsenen in die Rollen verschiedener EU-Akteur*innen schlüpften. In Gruppen erschlossen sie sich die Aufgaben der einzelnen EU-Institutionen und vermittelten diese in einem Museumsrundgang den anderen Teilnehmer*innen.

Im Anschluss teilten die Jugendlichen ihre Meinungen und Ansichten über die Europawahl 2019 miteinander und verglichen sie mit denjenigen von Freunden und Familie. Es wurde mehrmals hervorgehoben, dass es wichtig sei, seine Stimme abzugeben, um die eigenen Interessen vertreten zu sehen. Als Kritikpunkt stand vor allem der Einfluss der Eltern auf die Kinder im Raum: Es bestünde die Möglichkeit, dass Eltern ihre politische Meinung auf die Kinder übertragen.

Zudem wurde überlegt, wie jede*r Einzelne neben seiner*ihrer Wahrnehmung des Wahlrechts Einfluss auf Europapolitik nehmen kann. Über Möglichkeiten, wie die Europäische Bürgerinitiative sowie dem politischen Engagement in einer Partei oder einem Verein der europapolitischen Bildung, hinaus, erarbeiteten sich die Freiwilligen auch die Konsultation zur Zukunft Europas der Europäischen Kommission. In dieser gaben sie ihre persönliche Meinung zu EU-spezifischen Themen und die zukünftige Ausgestaltung der EU online ab.

In einer Diskussionsrunde über die Vor- und Nachteile der EU sammelten die Freiwilligen schließlich viele Ideen für das anstehende Expertengespräch mit Judith Schilling und Bernhard Rapkay.

2019_02_05 Zukunftswerkstatt Falken NRW

Ideensammlung der Teilnehmer*innen zur EU und Europawahl 2019, 05.02.2019.

Auf Tuchfühlung mit Vertreter_innen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments

15.30 Uhr: Die Notizzettel mit den Fragen wurden gezückt und die Blicke richteten sich erwartungsvoll in Richtung Tür. Wie die beiden Expert*innen wohl auf die Fragen der jungen Erwachsenen antworten würden?

„Woher haben sie ihre Motivation genommen, für das Europäische Parlament zu kandidieren, Herr Rapkay?“

Er sei bei der ersten Europawahl vor vierzig Jahren im Jahr 1979 angefragt worden, beim Wahlkampf zu helfen und kam so intensiv mit dem Prozess der Europawahl in Kontakt, erzählte Rapkay. In seinem damaligen Beruf gestaltete er außerdem Projekte mit, die von EU-Förderungen profitierten und erlebte so den positiven Einfluss, den die EU habe. Anfang der 1990er Jahre stand er schließlich vor der Zerreißprobe: weiterhin Beruf oder lieber Politik? Er entschied sich für die Politik, nachdem er sich bereits 25 Jahre ehrenamtlich politisch engagiert hatte. Ganze vier Legislaturperioden von 1994 bis 2014 war er anschließend Mitglied des Europäischen Parlaments.

„Wie sieht es mit einer Anti-Diskriminierungsverordnung in der EU aus?“

Schilling erläuterte, dass es einige von der Europäischen Kommission ins Leben gerufene Projekte gebe, die Diskriminierung in unserer Gesellschaft begegnen und bekämpfen. Diese dienen in erster Linie der Bewusstseinsbildung.

Rapkay fügte hinzu, dass das Verbot von Alters- und Geschlechterdiskriminierung bereits auf europäischer Ebene gesetzlich verankert sei. So gebe es mehrere EU-Richtlinien, die die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Diskriminierungen mit Hilfe ihrer eigenen Rechtsnormen zu unterbinden. Darunter fallen zum Beispiel die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft oder die Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb und außerhalb des Beschäftigungsbereichs.

„Wäre es möglich, EU-Förderungen auch für Auslandsaufenthalte außerhalb der EU sowie für Menschen, die von außerhalb der EU kommen und in der EU studieren wollen, zu gewähren?“

Der Komplex Bildung liege nicht innerhalb der Handlungskompetenz der EU, erläuterte Rapkay. Bildung sei alleiniges Aufgabengebiet der Nationalstaaten und hier teilweise sogar Angelegenheit der Bundesländer. Es gebe zwar das Erasmus+-Programm, jedoch sei dieses lediglich für EU-Bürger*innen und wenige europäische Drittstaaten zugänglich.

Schilling erklärte zudem, dass Erasmus+ nicht als Bildungsprogramm laufe, sondern zu den Mobilitätsprogrammen zähle. Es habe zum Ziel, die Begegnung zwischen den  EU-Bürger*innen zu fördern und so einen Sensibilisierungsprozess für die EU-Nachbarn anzustoßen. Die während ihres Aufenthalts gemachten Erfahrungen könnten die Teilnehmer*innen des Programms mit in ihr eigenes Heimatland zurückbringen und bereichernd einsetzen. So könnten die EU-Staaten voneinander profitieren.

2019_02_05 Zukunftswerkstatt Falken NRW

Gespräch mit Judith Schilling (Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn) und Bernhard Rapkay (ehemaliger Europaabgeordneter, 1994-2014) über die Europawahl 2019, 05.02.2019.

Hat sich die Gewichtung der Werte in der EU verändert?

Diese Frage beantwortete Rapkay mit einem klaren Ja. Die EU sei in den 1950er Jahren als Wirtschaftsgemeinschaft gegründet worden. Damals war eine gemeinsame Wohlstandsgemeinschaft das vorrangige Ziel des Verbunds. Die Europäische Gemeinschaft habe sich jedoch immer weiter entwickelt und immer mehr Arbeitsbereiche umfasst. Zu den entscheidenden Veränderungen zählt unter anderem die Grundrechtecharta. Diese wurde durch den Lissaboner Vertrag zur Rechtspersönlichkeit. Demzufolge müssen der Europäische Gerichtshof und die nationalen Gerichte die Grundrechtecharta wahren.

„Warum sollen wir am 26. Mai 2019 wählen gehen?“, wurden die beiden Expert*innen abschließend gefragt.

Judith Schilling antwortete: „Damit ihr nicht die dümmste Generation seit Gründung der EU seid und die EU in Gefahr bringt. Die EU ist das Beste, was uns je passiert ist.“

Und Bernhard Rapkay fügte hinzu: „Wenn man für Demokratie einsteht, muss man auch demokratische Verhaltensweisen anwenden und an Wahlen teilnehmen.“

Simulation der Europawahl

Im Anschluss hatten die Teilnehmer*innen die Möglichkeit, das Prozedere einer Wahl mittels einer Simulation nachzuempfinden. Ginge es nach den Freiwilligen der Falken NRW würden Die Grünen und Die Partei sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen leisten. Auch die SPD würde knapp ein Viertel der Sitze ergattern.

2019_02_05 Zukunftswerkstatt Falken NRW

Simulation der Europawahl 2019 mit den Falken NRW, 05.02.2019.

Die Zukunftswerkstätten sind ein Projekt des Europe Direct Dortmund in Zusammenarbeit mit der Stadt Dortmund und den Jungen Europäischen Föderalisten NRW e.V.

 

Text: Eileen Eisenhut, Auslandsgesellschaft.de e.V.

Fotos: © Eileen Eisenhut, Auslandsgesellschaft.de e.V.