2017_09_21 Planspiel 60 Jahre EU

60 Jahre EU: Happy Birthday?! Wohin auf der internationalen Bühne? (21.09.2017)

In welche Richtung soll sich die Außenpolitik der EU weiterentwickeln? Wie soll sie auf Migration reagieren? Welchen Weg soll sie in den Bereichen Grenz- und Entwicklungspolitik einschlagen? – Über diese Fragen diskutierten Jugendliche aus Unna am 21. September 2017 bei einem Planspiel von Birgit Ladwig-Tils im Europe Direct Informationszentrum Dortmund.

Das Szenario

Die EU ist 60 Jahre alt geworden. Der Staatenverbund sieht sich in diesem Jubiläumsjahr vielen Herausforderungen gegenüber: Brexit, Separationsbestrebungen in Spanien und die Frage nach der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn sind nur einige davon. Wo geht es mit der EU hin? Soll sie weiter zerfallen oder wollen wir sie behalten?

2017_09_21 Planspiel 60 Jahre EU

Birgit Ladwig-Tils erklärt den angehenden EU-Politiker*innen das Szenario des Planspiels

Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament beauftragt, Stellung zu folgenden Fragen zu beziehen:

  • Wie soll eine künftige gemeinsame Außenpolitik der europäischen Staaten beschaffen sein?
  • Welche Rolle sollen dabei die Europäische Kommission und das Europäische Parlament spielen?
  • Welche Rolle soll im Rahmen der Außenpolitik die Entwicklungspolitik spielen?

Die Ergebnisse und Übereinkünfte fasst die EU-Kommission in einem Positionspapier zusammen, das die Grundlage für weitere Überlegungen zur Zukunft der EU bildet.

Das Positionspapier der EU-Jungpolitiker*innen

Nach intensiven Diskussionen, Pressekonferenz sowie Anhörungen durch die Europäische Kommission hielten die jugendlichen EU-Politiker*innen in ihrem Positionspapier folgendes fest: Der Statusüberprüfung von Geflüchteten solle mehr Bedeutung zugeordnet werden. Wirtschaftsflüchtlinge sollten zurück in ihre Herkunftsländer gebracht werden. Um dies auch tatsächlich umsetzen zu können, solle die Entwicklungspolitik ausgebaut und damit die Ursachenbekämpfung von Flucht und Migration unterstützt werden. Dieses Programm sollte außerdem durch eine intensivere Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern erweitert werden. Zudem enthielt das Positionspapier der Jungpolitiker*innen den Wunsch, eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten in Europa in Angriff zu nehmen. Hinsichtlich der Frage nach der Stärkung der EU-Institutionen kamen die Jugendlichen zu einem ablehnenden Ergebnis: Ihre Handlungskompetenzen sollten nicht erweitert werden. Jedoch solle kleineren Staaten mehr Mitspracherecht in EU-Entscheidungen gegeben werden; die Stimme der großen Staaten solle nicht mächtiger werden dürfen.

2017_09_21 Planspiel 60 Jahre EU

In der Arbeitsphase rauchen die Köpfe

Und wie sieht die Realität aus?

Ebenso wie die jungen Politiker*innen im Europe Direct Informationszentrum Dortmund entschied auch die EU, dass eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten innerhalb der EU vorgenommen werden solle, erklärte Ladwig-Tils den Schüler*innen. Wie man diese jedoch in der Realität umsetzt, ist schwierig. Die Idee der Europäischen Kommission, die Aufnahme von Geflüchteten an Geldleistungen zu koppeln, konnte bisher nicht durchgesetzt werden. Alle EU-Staaten seien sich jedoch einig, dass sie gemeinsam ihre Außengrenzen besser schützen wollen. Auch die von den Jugendlichen beabsichtigte stärkere Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten entspreche der Realität, so Ladwig-Tils: Die EU habe mittlerweile mit sieben Staaten in Afrika Abkommen getroffen. Weiterhin sei man sich einig, dass der Zuzug von Geflüchteten nach Europa immer mehr zunehme, wenn man nicht seine Ursachen bekämpfe. Daher wollen die EU-Staaten mehr in die Entwicklungspolitik investieren. 2015 wurde beschlossen 0,7% des BIP eines jeden Landes dafür einzusetzen. Tatsächlich umgesetzt haben dies bis 2017 nur vier Länder: die Niederlande, Schweden, Dänemark und Großbritannien. Deutschland hat dieses Ziel 2017 zum ersten Mal erreicht. Hinsichtlich der Stärkung der EU-Institutionen trennen sich die Geister, erläuterte Ladwig-Tils den Jugendlichen: Gegen eine Kompetenzerweiterung der Institutionen sind v.a. einige skandinavische und mehrheitlich die osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten. Dafür hingegen sind der Westen und Süden der EU.

Warum das Planspiel?

Das Planspiel lässt sich in die Diskussionen um die Zukunft der EU einordnen, die die Europäische Kommission angestoßen hat, führte Ladwig-Tils den Jugendlichen zudem auf. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte im März 2017 ein Weißbuch veröffentlicht, in dem er fünf mögliche Zukunftsszenarien für die EU27 aufführt. Das Weißbuch wird begleitet von fünf Reflexionspapieren zu bestimmten politischen Aufgabengebieten der EU, in denen ebenfalls mögliche Zukunftsszenarien vorgestellt werden. Diese Papiere sollen eine Debatte über die Zukunft der EU in der Gesellschaft hervorrufen.

Das Planspiel greift dies auf: Der Teilausschnitt Zukunft der europäischen Außen- und Entwicklungspolitik wurde von den Jugendlichen bearbeitet.

Ende März 2019 – wenige Tage nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU – soll das Ergebnis der Debatte in der Gesellschaft den Bürger*innen präsentiert werden. In der im Juni 2019 folgenden Wahl zum Europäischen Parlament soll ebenfalls die Frage nach der Zukunft der EU gestellt werden. Auch die an dem Planspiel teilnehmenden Schüler*innen werden dann wahlberechtigte Bürger*innen sein und können ihre Stimme abgeben.

2017_09_21 Planspiel 60 Jahre EU

Geschafft! Das Positionspapier ist erarbeitet!

Was haben die Schüler*innen aus dem Planspiel mitgenommen?

Die Jugendlichen konnten in den Pressekonferenzen und Debatten mit den anderen ‚Regierungschefs und EU-Institutionen‘ nicht nur ihre Argumentationsfähigkeiten erweitern. Durch das Hineinschlüpfen in die Rollen von Politiker*innen konnten sie außerdem nachempfinden, wie sich politische Debatten in der EU gestalten. Besonders gefallen hat den Schüler*innen daher „die Diskussion zwischen verschiedenen Regierungen der EU und Institutionen; ich konnte ein bisschen mehr lernen und verschiedene Positionen wahrnehmen“.

Zudem wurde die starke Anlehnung des Planspiels an die Realität gelobt. So gefiel einem Schüler, „dass das Planspiel einen wichtigen Sinn hat“.

Einen kurzen Bericht der Schule können Sie auf deren Homepage einsehen.

Text: Lena Borgstedt

Fotos: © Auslandsgesellschaft NRW e.V.