Abgeordnete für einen Tag – Simulation des Europäischen Parlaments (02.11.2023)
Verhandeln wie in Brüssel und Straßburg – wie das abläuft, haben Schüler:innen der Städtischen Realschule Waltrop und des Städtischen Gymnasiums Bergkamen am Donnerstag (02.11.23) im Dortmunder Dietrich-Keuning-Haus selbst erlebt. Das Europe Direct Dortmund hat zusammen mit den Jungen Europäischen Föderalist:innen und der Stadt Dortmund eine Simulation des Europäischen Parlaments durchgeführt. Rund 75 Schüler:innen konnten dabei in die Rolle eines oder einer Abgeordneten schlüpfen. Diesmal drehte sich alles um das Thema Datenschutz.
Knifflige Diskussionsgrundlage
Zu Beginn gab es ein Grußwort von Anna Spaenhoff, der Vorsitzenden des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie in Dortmund. Anschließend erklärte Matthias Meinert, NRW-Landesvorsitzender der Jungen Europäischen Föderalist:innen, noch einmal kurz den Ablauf des Planspiels. Zunächst wurden die Schüler:innen auf die verschiedenen Fraktionen verteilt, wobei es – wie im echten Parlament auch – kleinere und größere Fraktionen gab. In den Fraktionssitzungen erarbeiteten die Schüler:innen dann gemeinsam mit den Teamer:innen die politische Position ihrer Fraktion in Bezug auf das Thema Datenschutz. Gar nicht so einfach, vor allem wenn die Position ganz anders ist als die eigene politische Einstellung. Danach gingen die Schüler:innen den Gesetzentwurf durch, der als Grundlage für die anschließende Plenardebatte diente. Dabei wurde klar, wie schwierig es ist herauszufiltern, was die einzelnen Artikel und Paragraphen konkret bedeuten. Mit einigen Datenschutz-Beispielen aus der eigenen Lebenswelt, zum Beispiel von TikTok oder Netflix, wurde der trockene Gesetzentwurf aber Absatz für Absatz mit Leben gefüllt.
Aufgabe der Schüler:innen war es dann, Anträge zu formulieren, die den Gesetzentwurf im Sinne ihrer Fraktion abändern. Um mit ihrem Änderungsantrag größere Erfolgschancen zu haben, tauschten sie sich mit den anderen Fraktionen aus. So konnten sie Anträge gemeinsam einreichen und damit mehr Stimmen generieren. Diese dynamische Phase kam wie gerufen: Nachdem die Schüler:innen viel lesen und ihre Anträge formulieren mussten, genossen sie es nun sehr, Verbündete zu suchen und gemeinsame Positionen auszuloten.
Plenardebatte offenbart Streitpunkte und Gemeinsamkeiten
Nach der Mittagspause und einer finalen Abstimmung mit den anderen Fraktionen ging es am Nachmittag dann endlich in die Plenarsitzung. Alle Fraktionen kamen zusammen, um über die eingereichten Änderungsanträge zu beraten und abzustimmen. Es brauchte ein bisschen Zeit, bis die Debatte richtig in Schwung kam. Nachdem es zu den ersten Änderungsanträgen nur einzelne Wortmeldungen gab, kristallisierte sich bei dem Thema Kinder- und Jugendschutz eine große Kluft zwischen der S&D-Fraktion und einigen anderen Fraktionen heraus. Für Wirbel sorgte auch die Fraktion Identität und Demokratie, als sie eine Begrenzung der Redezeit auf zehn Sekunden forderte – allerdings nur für die Linken. Das Präsidium lehnte schmunzelnd ab. Nachdem die Jungen Europäischen Föderalist:innen Europa-Bierdeckel als Merchandise verteilt hatten, musste das Präsidium außerdem klarstellen: „Ein Bierdeckel ist keine Abstimmungskarte!“.
Richtlinie mit großer Mehrheit beschlossen
Trotz einiger Streitpunkte wurden auch viele Änderungsanträge angenommen – mal mit einer breiten Mehrheit, mal musste noch einmal genau nachgezählt werden, weil es so knapp war. Die finale Datenschutz-Richtlinie umfasste dann unter anderem Erleichterungen für kleine und mittelständische Unternehmen sowie eine Ausnahmeregelung bei internationalen Fahndungen. Zum Abschluss wurde die Richtlinie von einer großen Mehrheit beschlossen – nur die ID-Fraktion stimmte dagegen.
Mit der Simulation des Europäischen Parlaments konnten die Schüler:innen selbst erleben, wie Entscheidungen im Europäischen Parlament zustande kommen und welche Herausforderungen es dabei gibt. Sie entwickeln ein tieferes Verständnis für die Arbeit des Parlaments und konnten sich so vor der Europawahl im nächsten Jahr bereits ein umfassendes Bild über die Abläufe und die Rhetorik der Debatten machen. Für einige war es eine Überwindung, vor so vielen Mitschüler:innen zu sprechen. Dieser Mut wurde jedoch mit großem Applaus belohnt!