10.04.2019 Aktionstag Jugend und Wahl

Aktionstag „Jugend und Wahl“ zur Europawahl 2019 (10.04.2019)

„Die richtige Veranstaltung zur richtigen Zeit.“ So beschrieb die Jugenddezernentin der Stadt Dortmund, Daniela Schneckenburger, den Aktionstag „Jugend und Wahl“, welcher am 10. April im Theater im Depot stattfand. Das Publikum bestand aus Schüler*innen, die als Erstwähler*innen an der Europawahl 2019 teilnehmen. Politiker von fünf Parteien waren der Einladung gefolgt und haben in einer Podiumsdiskussion die wichtigsten und jugendrelevantesten politischen Themen ihrer Parteien vertreten. Auch den kritischen Fragen der Schüler*innen stellten sie sich gekonnt.

In ihrem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung hob Frau Schneckenburger hervor, dass junge Menschen Europa prägen und deren Zukunft von Europa geprägt würde. Entscheidend wäre es daher, sich zu informieren und die Chance zu nutzen, seine*ihre Stimme bei der Europawahl abzugeben. Denn Europa sei ein Friedensprojekt, welches nicht selbstverständlich sei. In diesem Sinne wurde auf dem Aktionstag informiert und diskutiert. Moderator der Veranstaltung war Alexander Völker, Gründer des Nordstadtbloggers. Auf dem Podium fanden sich ein: Micheal Kauch von der FDP, Prof. Dr. Dietmar Köster von der SPD, Dennis Radtke von der CDU, Felix Banaszak vom Bündnis90/Die Grünen und Fotis Matentzoglou von Die Linke.

10.04.2019 Aktionstag Jugend und Wahl

Von links nach rechts: Fotis Matentzoglou (Die Linke), Felix Banaszak (Bündnis90/Die Grünen), Dennis Radtke (CDU), Michael Kauch (FDP), Prof. Dr. Dietmar Köster (SPD), Alexander Völker (Nordstadtblogger).

„Wir müssen diese Europawahl auch zu einer Klimawahl machen.“

Eines der wichtigsten Themen der Veranstaltung war die „Fridays for future“-Bewegung und der darin begründete Mangel an zufriedenstellender Klimapolitik auf nationaler und europäischer Ebene aus Sicht der Schüler*innen. Die Jugendlichen forderten mehr aktives Handeln und eine zukunftsorientiertere Politik von den Politikern auf dem Podium. Es wurde zudem kritisiert, dass die Klimaziele zu niedrig seien. Bei der daraus entstandenen Schulpflichtdebatte positionierten sich die Politiker größtenteils positiv zum Engagement der Schüler*innen. Während ein grundsätzlicher Konsens darüber herrschte, dass ihre Organisation und ihr Engagement für die Demokratie lobenswert seien, gab es hinsichtlich der Klimapolitik unterschiedliche Meinung dazu, inwiefern und wie schnell diese angegangen werden könne. Herr Radtke betonte, dass Politik immer das Abwägen von unterschiedlichen Interessen sei. Man müsse einen Weg finden, die Transformation hin zum besseren Umweltschutz zu erreichen, ohne dabei Arbeitsplätze und die Stromversorgung zu gefährden. Im Gegensatz dazu erinnerte Herr Köster daran, dass die Probleme mit fossilen Brennstoffen seit Jahrzenten bekannt seien und man den Wandel systematisch verschlafen habe. Daran angelehnt erläuterte Banaszak von Bündnis90/Die Grünen, das es durchaus bereits Möglichkeiten wie die Elektromobilität und die Solarenergie gäbe, in welche man mehr investieren könne. Er glaube nicht, dass der Markt allein reiche, um Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen. Die Politik müsse „wesentlich ambitionierter“ werden.

Die vielen Gesichter der Politikverdrossenheit

Politikverdrossenheit war ein weiteres Thema, welches den Schüler*innen auf dem Herzen lag. Im Fokus lagen Konsequenzen und Lösungen. Als Konsequenzen wurden zum Beispiel der Rechtsruck der Politik und ein zunehmender Populismus genannt. Sie wurden an verschiedenen Stellen in der Diskussion aufgegriffen, nicht zuletzt als wichtiges Argument dafür, wählen zu gehen. Hinsichtlich der Ursachen sowie Lösungen für diese Phänomene war man sich allerding nicht einig. Köster und Matentzoglou hoben hervor, dass soziale Ungerechtigkeit bzw. soziale Abstiegsängste ein wichtiger Faktor seien, weswegen die Politik hier ansetzen müsse. Radtke betonte, dass Populismus nicht allein ein europäisches Problem sei. Banaszak hingegen sagte, es sei Aufgabe der Politik, sich inhaltlich mit den antidemokratischen Kräften auseinanderzusetzen. Jedoch müsse auch gesehen werden, dass wir zurzeit sehr lebhafte Debatten hätten, da sich auch zunehmend Gegenkräfte zu populistischer und rechter Politik mobilisieren. Auf die Frage aus dem Publikum, ob es ein Demokratiedefizit sei, wenn man nichts gegen rechte Kräfte unternehmen könne, antwortete Kauch, dass es zur Demokratie gehöre, tolerant zu sein und andere Meinungen ertragen zu können. Eine Lösung sei, klare Stoppsignale, auch in höheren Instanzen, zu senden und mehr Einsatz für Toleranz zu zeigen.

10-04-2019 Aktionstag Jugend und Wahl

Die Schüler*innen konnten Fragen und Kommentare aufschreiben. Diese wurden an die Politiker weitergereicht und diskutiert.

Wählen ab 16?!

Eine politische Forderung und auch gleichzeitig potenzielle Lösung für das Problem der Politikverdrossenheit, welche die Schüler*innen ansprachen, war das Wahlrecht ab 16 Jahren. Die persönliche Meinung der Politiker fiel eher positiv aus, wobei einige, wie zum Beispiel Kauch, hervorhoben, dass dies nicht die Meinung ihrer Partei sei. Er gab auch zu bedenken, dass mit dem Wahlrecht ab 16 Jahren auch über eine Herabsenkung der Strafmündigkeit diskutiert werden sollte. Die Schüler*innen argumentierten, dass durch das Absenken des Wahlalters Jugendliche eine Möglichkeit hätten, ihre Meinung politisch zu artikulieren. Dies könnte auch dazu führen, dass weniger auf der Straße protestiert würde und dass sich die Politikverdrossenheit lösen lassen könne. Dies aufgreifend betonten Matentzoglou und Köster, dass Demonstrationen und außerparlamentarische Bewegungen notwendig seien, damit Politik sich bewege. Hinsichtlich der Frage, inwiefern es in der EU ein Demokratiedefizit gebe, erklärte Banaszak, dass das EU-Parlament nicht genügend Entscheidungs- und Durchsetzungsbefugnisse habe und von den nationalen Parlamenten häufig blockiert würde. Hier müsse man in Zukunft ansetzen. Radtke hingegen sprach sich gegen die Existenz eines Demokratiedefizits in jeglicher Form aus. Er sei stolz auf das hohe Level der Demokratisierung in Europa. Jede*r habe das Recht, seine*ihre Meinung zu vertreten, und sogar ein Recht darauf, dass seine*ihre Meinung geschützt werde. Jede*r habe zudem das Recht, sich in Parteien oder Vereinen einzubringen.

Am Ende der Veranstaltung hatte man einen guten Überblick über die unterschiedlichen Positionen der Redner. Es blieb nur noch einmal der Aufruf am 26. Mai wählen zu gehen, denn „Wenn ich was verändert will, dann muss ich nicht nur auf die Straße gehen, sondern mit meinem Stimmzettel für diejenigen wählen die meine Interessen vertreten.“, sagte Kauch abrundend.

Die Veranstaltung wurde vom Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de e.V. mit dem Jugendring Dortmund und Pottwahl organisiert.

 

Text von: Karin Bienkowski, Auslandsgesellschaft.de e.V.                                                                                                                                                                                                                                                   Fotos: © Celine Kutzner, Auslandsgesellschaft.de e.V. & Johannes Schaffeldt, Jugendring Dortmund