VHS-Themenreihe „Europa konkret“: Europa 24/7 – Die EU im Alltag (06.05.2019)

VHS-Themenreihe „Europa konkret“: Europa 24/7 – Die EU im Alltag (06.05.2019)

Wo steckt Europa überall in unserem Alltag? Am Montag, den 06. Mai 2019, waren wir gemeinsam mit unserem Referenten Niklas Reininghaus im Dortmunder Rathaus, um das herauszufinden. Dazu hatte Reininghaus einige Gegenstände mitgebracht, um zu zeigen, dass Europa in vielen kleinen Dingen in unserem Alltag steckt. Denn die EU bestimmt über viel mehr, als nur über den Krümmungsgrad der Banane, auch wenn viele ihr das manchmal nachsagen. Wie trägt die EU zu unserer Sicherheit bei? Wie hilft sie, wenn unser Zug Verspätung hat? Und was hat die Kirsche auf unserem Joghurtbecher mit der EU zu tun? Über all das und noch viel mehr sprach Niklas Reininghaus in seinem Vortrag.

Was hat die EU mit mir zu tun?

Schon zu Beginn wies Reininghaus auf die Relevanz der Veranstaltung hin: „Vor der Europawahl ist es wichtig, zu wissen: Was geht mich die EU eigentlich an?“ Vielen Menschen sei nicht bewusst, wieso die Europawahl wichtig sei, so Reininghaus, denn EU-Recht sei nicht immer sofort erkennbar. Obwohl viele Regelungen in Deutschland auf europäischen Richtlinien basieren, fehle vielen Menschen die Information darüber. Deswegen sei auch eine Ablehnung der Europäischen Union üblicher und häufiger geworden. Dabei müsse man bei Kritik klar unterscheiden, ob man einen Prozess oder eine ganze Institution bemängle, denn nur so könne vorschnelle Ablehnung vermieden werden. Es sei also wichtig, sich mit dem europäischen Recht und dessen Wirkung auf den Alltag auseinanderzusetzen, gerade zur Europawahl.

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Niklas Reininghaus zeigt anhand von Alltagsgegenständen, wo uns die EU tagtäglich begegnet (Europa 24/7 – Die EU im Alltag im Rathaus Dortmund am 06.05.2019).

In einem kleinen Joghurt steckt ganz viel EU

Direkt beim Thema Lebensmittel könne man schnell erkennen, wie viel EU-Recht eigentlich Einfluss auf unseren Alltag habe, so Reininghaus. „Schon in einem kleinen Joghurtbecher steckt ganz viel Europa.“, denn nicht nur der Plastikgehalt der Verpackung werde von der Europäischen Union geregelt, auch die Inhaltsstoffangaben haben wir Europa zu verdanken. Die EU schütze uns aber auch von irreführender Werbung, zum Beispiel bei der Handelsbezeichnung: „Steht Joghurt drauf, muss Joghurt drin sein, und ist eine Kirsche auf dem Becher, muss es Kirschjoghurt sein.“ Diese Dinge seien für uns zwar mittlerweile selbstverständlich, dies sei ohne die EU aber nicht unbedingt der Fall. Neben der Einführung der Nährwerttabelle und der Verkaufsmengenangabe seien auch die Stoffbeschränkungen und Höchstwerte für Substanzen von der EU eingeführt worden. So werde dafür gesorgt, dass zum Beispiel keine krebserregenden Stoffe in unseren Nahrungsmitteln sind. Wenn die EU also Temperaturbeschränkungen von heißem Fett einführe, habe das eher mit Gesundheitsstandards zu tun, als mit einer Abneigung gegen knusprige Pommes.

Die EU zwischen Reinigungsmitteln und Zugtickets

Auch im Haushalt könne die Europäische Union helfen, erklärte Reininghaus. Sie sorge beispielsweise dafür, dass Gefahrenstoffe mit den großen GHS-Symbolen auf der Verpackung gekennzeichnet werden. So könne man sicher gehen, dass wir in Deutschland und in allen anderen Mitgliedsländern Europas sofort über Gefahren Bescheid wissen, die zum Beispiel von ätzenden Reinigungsmitteln ausgehen. „Wir wollen reisen und uns frei bewegen, da ist es nur logisch, wenn wir uns innerhalb der EU gemeinsamen Standards anpassen.“, begründete Reininghaus. Mit der CE-Kennzeichnung verpflichte sich übrigens jedes Unternehmen, dass alle EU-Sicherheitsregeln bei importierten Produkten eingehalten wurden. Außerdem sei seit 2008, durch die europaweite Einführung von Energieeffizienzklassen, der Verkauf umweltfreundlicher Technik um 60% gestiegen.

In Sachen Kaufrecht sei die Europäische Union auch gut aufgestellt. Durch verbindliche Regelungen werde zum Beispiel garantiert, dass defekte oder mangelhafte Produkte ersetzt, repariert oder rabattiert werden. Außerdem helfe die EU, durch die zweijährige Gewährleistung und die 14 Tage Widerrufsrecht bei Verträgen, die Rechte der Verbraucher*innen innerhalb des Europäischen Binnenmarkts zu schützen. Ähnliches gelte auch beim Kauf von Tickets für Züge oder Flugzeuge. Entschädigungen bei Ausfall oder Verspätung und alternative Beförderungen seien ebenfalls der EU zu verdanken.

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Auch für eine Diskussionsrunde war am Ende des Vortrags noch Zeit (Europa 24/7 – Die EU im Alltag im Rathaus Dortmund am 06.05.2019).

Ein kleines bisschen Leichtigkeit

Ein weiterer wichtiger Aspekt sei das Thema Grundrechte: „In Deutschland kennen wir starke und moderne Grundrechte, aber das ist nicht in allen Ländern so.“, erklärte Reininghaus. Durch die Einführung der Europäischen Menschenrechtskonvention sei dies behoben worden. Hier werde nationale Gewalt beim Eintritt in die Europäische Union gebunden und jeder könne sich, wenn nötig, seine Rechte einklagen. „Das ist ein großer Fortschritt.“, kommentierte Reininghaus. Die einheitlichen Standards zur Ausreisefreiheit und das Recht auf Einreise seien, z. B. auf die DDR bezogen, nicht selbstverständlich. „Die Europäische Menschenrechtskonvention ist eine riesige Errungenschaft und sie wirkt jeden Tag.“, fasste der Referent zusammen.

Am Ende des Vortrags gab es eine Diskussionsrunde mit dem Publikum, in der Reininghaus gefragt wurde, ob das EU-Recht ausreichend durchgesetzt werde, denn oft blieben fällige Sanktionen aus. „Das stimmt, teilweise greifen Regelungen nicht genug.“, räumte Reininghaus ein. Trotzdem seien die Regeln schärfer als auf nationaler Ebene und daher sinnvoll. Durch die vielen unterschiedlichen Interessen der Nationen käme es dazu, dass sich alle gegenseitig auf die Finger schauen, erklärte er. Den Sinn der einheitlichen Regelungen stellte er dabei klar heraus: Aufgrund des Zusammenwachsens der Mitgliedstaaten, des gemeinsamen Binnenmarkts und der offenen Grenzen sei es nur sinnvoll, einheitliche Regelungen zu haben. „Das sind alles Dinge, die unser Leben ein kleines bisschen leichter machen.“, so der Referent. Einen Beweis für die Vorteile der einheitlichen Regelungen habe er auch: den Brexit. Großbritannien wolle zwar austreten, die EU-Regelungen aber weiterhin gelten lassen. „So schlimm können die also nicht gewesen sein.“, sagte Reininghaus.

Die Veranstaltung wurde vom Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de e.V. gemeinsam mit der VHS Dortmund und der Stadt Dortmund organisiert.

Text von: Celine Kutzner, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Fotos: © Lena Borgstedt, Auslandsgesellschaft.de e.V.