2020_03_23 Gender Pay Gap

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit? – Die EU und der Gender Pay Gap

Am 8. März war Weltfrauentag. Aber es gibt noch einen anderen internationalen Aktionstag, der auf die bestehende Geschlechterungerechtigkeit aufmerksam macht: der Equal Pay Day, der in Deutschland am 17. März stattfindet. Basierend auf der Tatsache, dass Frauen auf der ganzen Welt, aber auch in der EU, im Durchschnitt immer noch weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen, widmet sich der Equal Pay Day der Bekämpfung des Gender Pay Gap (deutsch: geschlechtsspezifisches Lohngefälle). Angesichts dessen lenkten nun das Europäische Parlament und die Europäische Kommission die öffentliche Aufmerksamkeit auf die wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen in der EU und die Maßnahmen, die diesbezüglich getroffen werden müssen.

Obwohl die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ein Grundprinzip der EU ist, besteht weiterhin ein Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern auf dem europäischen Arbeitsmarkt. So erhalten Frauen in der EU im Vergleich sechzehn Prozent niedrigere Löhne als Männer, auch wenn zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten Unterschiede bestehen. Deutschland gehört EU-weit mit rund zwanzig Prozent zu den Staaten mit einer größeren Lücke zwischen den Geschlechtern.

Diese Problematik ist weitgehend bekannt, allerdings lassen in vielen Fällen konkrete Maßnahmen noch auf sich warten. Deshalb trat das Europäische Parlament Anfang 2020 an die Europäische Kommission mit dem Appell, auf europäischer Ebene für eine Chancengerechtigkeit der Geschlechter einzustehen. “Wir müssen jetzt endlich europaweit handeln und fordern daher rechtlich verbindliche Maßnahmen, die Gehälter und Gehaltsstrukturen transparent und somit vergleichbar machen“, forderte die sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete Maria Noichl. „Wenn Betriebe Frauen schlechter bezahlen als Männer, dann müssen sie endlich auch Strafzahlungen leisten.”

Warum verdienen Männer mehr als Frauen? Das geschlechtsspezifische Lohngefälle

Allgemein spiegelt das geschlechtsspezifische Lohngefälle den Unterschied im Durchschnittslohn zwischen Männern und Frauen wider: Das unbereinigte Lohngefälle ist der Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von weiblichen und männlichen Angestellten, ausgedrückt als Prozentsatz des Verdienstes von Männern. Dabei werden allerdings Faktoren, die sich auf das geschlechtsbedingte Lohngefälle auswirken, zum Beispiel Unterschiede in der Bildung, Anzahl der gearbeiteten Stunden, Art der Tätigkeit oder Arbeitsmarkterfahrung, nicht berücksichtigt.

Das bedeutet aber zudem, dass viele der Tätigkeiten, die traditionell und strukturell bedingt von Frauen ausgeführt werden, gar nicht statistisch erfasst werden. Deswegen heißt ein niedriges Lohngefälle – zum Beispiel in Belgien – auch nicht zwangsläufig, dass es mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern gibt. Der Grund liegt im Beschäftigungsverhältnis. Oftmals erscheinen Frauen also nicht in der Arbeitsmarktstatistik, da sie Betreuungs-, Pflege- und Haushaltsarbeit ausüben, oder sie haben ein Arbeitsverhältnis im Niedriglohnsektor, für das sie schlecht und unregelmäßig bezahlt werden.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist auch in den Unternehmenshierarchien wiederzufinden: Nur jede zehnte Frau hat einen Vorstandsjob.

Was jetzt getan werden muss

Henrike Hahn, Europaabgeordnete und Mitglied der Fraktion Die Grünen/EFA, ist daher der Meinung: “Wir brauchen einen europäischen Mindestlohn und mehr Frauen in Firmenvorständen und Aufsichtsräten. Und schon bei der Ausbildung von Frauen muss verstärkt gegen vermeintliche geschlechtsspezifische Stereotypen gekämpft werden, die eben auch ganz deutlich zu Einkommensunterschieden führen können.”

Mit Ursula von der Leyen ist nun seit 2019 erstmals eine Frau an der Spitze der Europäischen Kommission. Daher stehen die Chancen, dass die Klagen des Europäischen Parlaments in der Kommission langfristig Gehör finden, umso höher.

Am 5. März setzte die Europäische Kommission die Forderungen des Parlaments mit ihrer „Strategie zur Gleichstellung der Geschlechter“ in politische Tat um. Die Durchsetzung der EU-Vorschriften zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wird allerdings durch die Mitgliedsstaaten selbst erfolgen. Deren Grundpfeiler bildet das Prinzip der Lohngleichheit. Es soll eine Vorlage verbindlicher Maßnahmen zur Entgelttransparenz bis Ende 2020 geschaffen werden und die gleichberechtigte Inanspruchnahme des Urlaubs aus familiären Gründen gefördert werden. Ungleiche Bezahlung soll vor allem dadurch bekämpft werden, dass in Frühbildung, Pflegeleistungen und familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Frauen investiert wird, sodass ihre Repräsentativität auf dem Arbeitsmarkt erhöht werden kann und Frauen in besser bezahlte Jobpositionen gelangen.

Es ist also noch viel zu tun, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu verringern und auszugleichen. Die Hoffnung ist, mithilfe dieser Initiativen die immer noch vorherrschenden traditionellen Denkweisen zu lockern und Frauen eine Möglichkeit zum lebenslangen Lernen zu geben – und damit zum wirtschaftlichen Erfolg.

Text von: Julia Warias, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Bild: geralt, Pixabay.com

Quellen: