„Europäische Klimabewegungen von unten? Soziale Bewegungen, Bürgerinitiativen und die Klimagerechtigkeitsbewegung“ (18.06.2020)
Der Druck von unten wächst. Soziale Bewegungen, die sich der Klimagerechtigkeit verpflichtet haben und der Klimakrise entgegentreten wollen, finden verstärkt Zulauf. Was haben die unterschiedlichen Gruppen und Akteure für Ziele, wie sind sie vernetzt und was können sie auf lokaler, aber auch auf europäischer Ebene erreichen? Das alles war Bestandteil der dritten Veranstaltung der Europa-Projektwochen, die als Podiumsdiskussion stattfand. Auf dem Podium vertreten waren Sebastian Scholz vom Naturschutzbund, Payton Gall von den Fridays for Future Dortmund, Ingo Wagner vom KlimaDiskurs.NRW und als Moderatorin Jutta Reiter vom DGB Dortmund-Hellweg. Die Veranstaltung fand als Online-Veranstaltung über Cisco Webex statt.
Zu Beginn stellten die Referenten sich und ihre Organisationen vor. Payton Gall von den Fridays for Future Dortmund erläuterte das „föderale“ System der Bewegung. Lokale Ortgruppen sind der Hauptkern der Bewegung. Diese schließen sich auf Bundesebene zusammen, um auch im größeren Maßstab agieren zu können. Hinzu kommen europaweite „Ableger“, die auch miteinander vernetzt sind und gemeinsame Aktionen planen. Das wichtigste Mittel sind Proteste, um Aufmerksamkeit zu schaffen. Fridays for Future fordern die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und berufen sich auf die Wissenschaft.
Der NABU ruft zwar auch zu Demonstrationen auf und setzt sich dafür ein die Klima- und Artenkrise zu adressieren, doch die Struktur und Mittel sind anders. Scholz wies darauf hin, dass der NABU der größte Umweltverband in ganz Deutschland ist und sie viel für den Arten- und Naturschutz unternehmen, wie z.B. die Renaturierung von Mooren. Falls gegen Umweltauflagen verstoßen wird, reicht der Verband Klage ein. Neben den hauptamtlichen Mitarbeiter_innen, sind allerdings die Ehrenamtlichen auf lokaler Ebene der Kern der Naturschutzarbeit.
Ingo Wagner vom KlimaDiskurs.NRW betonte die Unabhängigkeit von Regierung und Parteien des gemeinnützigen Vereins. Es ist wichtig das Klima zu schützen, aber auch den Wirtschafts- und Industriestandort Nordrhein-Westfalens zu erhalten. Durch die Vernetzung von Akteuren aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft soll eine Lobby für gemeinsames Handeln gebildet werden.
Lokale Vernetzung
Alle betonten, dass der Kern der Arbeit in den lokalen Ortgruppen liegt. Die lokale Vernetzung, um direkte Lösungen vor Ort zu finden ist die Maxime. Dabei sind die Gruppen sehr divers und alle Altersgruppen vertreten. Auf die Frage aus dem Publikum, ob es einen Generationenkonflikt bei der Klimabewegung gibt, antworteten Scholz und Wagner, dass es diesen nicht gebe. Streit und Diskussion sind normal und wichtig, so Wagner. Warum es Hass und Anfeindungen gegen die Klimabewegung gibt, wurde damit beantwortet, dass die Menschen Angst haben ihre Privilegien zu verlieren und ihr Art zu leben bedroht sehen.
Gemeinsame Wege und Lösungen finden
Über die Wichtigkeit des Arten- und Naturschutzes herrschte Einigkeit. Um die Klimakrise zu bewältigen ist Handeln erforderlich. Trotz dieses Konsenses gehen die Forderungen auseinander. Als Beispiel wurde die Kohlekommission genannt. Wagner betonte den Erfolg und den guten Kompromiss, den man gemeinsam erreicht hatte. Für Fridays for Future geht dieser allerdings nicht weit genug und sie hatten sich mehr erhofft. Trotzdem ist es ein Erfolg, dass es gelungen ist, Klimabewegungen und Industrie zusammenzubringen und mit der Politik zu verhandeln.
Frau Reiter vom DBG fasste zusammen, dass Lösungen benötigt werden die tragfähig sind, und auch kleine Schritte ein Weg zu Erfolg sind, auch wenn einem bei der Klimakrise die Zeit im Nacken sitzt.
Mit Hoffnung in die Zukunft
Im Hinblick auf die aktuelle Lage und wie schnell man aufgrund des Lockdowns an vielen Orten schon eine Erholung der Natur erkennen kann, brachte allen Teilnehmenden Hoffnung für die Zukunft und zeigt, dass das Handeln der Bewegungen Sinn macht und Wirkung zeigt. Abschließend betonte Frau Reiter die Wichtigkeit von Demokratie und Engagement. Dies sei der Schlüssel zum Erfolg, durch Nichtstun passiert nichts. Allerdings ist ein langer Atem nötig für soziale Bewegungen. Prozesse dauern ihre Zeit und die Aufgabe ist durchgehend und immer wieder zu kämpfen.
Die Veranstaltung war Teil der Europa-Projektwochen 2020 und wurde vom Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de e.V. mit Unterstützung vom DGB Dortmund-Hellweg und der Stadt Dortmund organisiert. Die Aufzeichnung der Veranstaltung ist hier verfügbar: https://youtu.be/SPw3tTwwff0
Text: Lukas Steinhoff, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Fotos: © Lukas Steinhoff und Svenja Hennigfeld, Auslandsgesellschaft.de e.V.