18_02_2019 Die Europäische Ombudsfrau

Wer oder was ist eigentlich die Europäische Ombudsfrau?

Der Begriff Ombudsfrau bzw. -mann bringt viele ins Grübeln. Wird noch hinzugefügt, dass er mit der Europäischen Union in Verbindung gebracht werden kann, ist die Verwirrung komplett. Was ist eine Ombudsfrau bzw. ein Ombudsmann? Um Klarheit zu schaffen, haben wir den Begriff unter die Lupe genommen und die wichtigsten Fakten über diese wenig bekannte Funktion in der Europäischen Union zusammengestellt.

Fakt ist, dass der Posten der Ombudsfrau bzw. des Ombudsmanns ein wahrer ‚Gamechanger‘ und außerordentlich wichtig für die EU-Bürger*innen ist. Die Stelle basiert auf dem Maastrichter Vertrag und wurde 1995 ins Leben gerufen. Der*die Europäische Ombudsmann*frau wird auch Europäische*r Bürgerbeauftragte*r oder im Englischen weniger schmeichelhaft ‚Watch Dog‘ genannt und ist dafür zuständig, Beschwerden gegen Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der EU zu prüfen und die vorhandenen Probleme zu lösen. Jede Beschwerde, ob von Staatsangehörigen, EU-Bürger*innen oder von in der EU ansässigen Unternehmen und Organisationen, durchläuft das Büro des*r Bürgerbeauftragten. Er*sie stellt eine unparteiische Stelle dar und ist dementsprechend gegenüber keiner Regierung oder Organisation weisungsgebunden und agiert unabhängig. Die Person auf dem Posten wird vom Europäischen Parlament für fünf Jahre gewählt, wobei das Mandat verlängert werden kann. Seit 2013 besetzt die Irin Emily O’Reilly die Stelle. Zuvor hat sie als erste Frau das irische Amt der Bürger- und Datenschutzbeauftragten bekleidet.

Aufgaben des*r Bürgerbeauftragten

Die Hauptaufgabe des*r Bürgerbeauftragten besteht in der Untersuchung und Bearbeitung von Beschwerden über Missstände in der Verwaltungstätigkeit der Organe, Einrichtungen und Agenturen der EU. Das heißt, Emily O‘Reilly wird eingeschaltet, sobald Organisationen oder Personen die vorhandenen Probleme mit der EU-Verwaltung nicht mit der betreffenden Einrichtung oder dem Organ selbst bereinigen können.

Die Tätigkeitsbereiche des*r Bürgerbeauftragten umfassen hierbei ein breites Spektrum: So stellt O’Reilly sicher, dass Entscheidungsprozesse innerhalb der EU transparent gestaltet werden. Zudem überwacht sie, dass EU-Organe Rechenschaft über ihre getroffenen Entscheidungen ablegen und diese den Bürger*innen vermitteln. Des Weiteren soll die Teilnahme der Bürger*innen an Entscheidungsprozessen der EU gesichert werden. O’Reilly stellt sicher, dass höchste ethische Standards bei der Dienstausübung von EU-Angestellten eingehalten werden. Die Verwaltung von öffentlichen EU-Geldern, unter anderem Förderprogrammen, soll ordnungsgemäß vonstattengehen und der Umgang mit Finanzierungspartner*innen korrekt ablaufen. Sie achtet auf die Einhaltung der Menschenrechte auf Basis der Grundrechtecharta.

Abgesehen von der Bearbeitung von Beschwerden ist O‘Reilly auch berechtigt, sich aktiv mit übergeordneten systemischen Problemen zu beschäftigen. Konkret heißt dies, dass auf eigene Initiative strategische Untersuchungen vorgenommen werden können, um so auf Beeinträchtigungen der demokratischen Entscheidungsfindung durch Einrichtungen und Organe der EU aufmerksam zu machen.

Arbeitsweise des*r Europäischen Bürgerbeauftragten

Oft können Probleme durch informative Arbeit gelöst werden, d.h. durch Hinweise auf geeignete Lösungen und Anlaufstellen. Gibt es zwischen den beiden Parteien keine Einigung, kann der*die Bürgerbeauftragte lediglich Empfehlungen aussprechen. O’Reilly ist jedoch befugt, das Europäische Parlament mit Hilfe eines Sonderberichts einzuschalten, welches infolgedessen politische Maßnahmen ergreifen kann.

Ein Beispiel für die strategische Arbeit von O’Reilly finden Sie hier.

Zum Abschluss eines Jahres werden die Tätigkeiten des*r Europäischen Bürgerbeauftragten in einem Jahresbericht festgehalten, veröffentlicht und an das Europäische Parlament weitergeleitet.

Die Europäische Ombudsfrau und ich

Wer und was der*die Europäische Bürgerbeauftragte ist und wie der Apparat der amtierenden Ombudsfrau agiert, ist nun geklärt. Doch wie kann ich eine Beschwerde einreichen?

Wichtig zu beachten ist, dass die Europäische Ombudsfrau keine Beschwerden über regionale, lokale oder gar nationale Behörden bearbeiten kann, selbst wenn diese EU-Angelegenheiten betreffen. Diese Beschwerden müssen an die*den regionale*n oder gegebenenfalls nationale*n Bürgerbeauftragte*n gerichtet werden. Demnach ist die erste Aufgabe, sich bewusst zu werden, an welche Einrichtung bzw. an welches Organ sich die Beschwerde richtet.

Zudem müssen Voraussetzungen zur Einreichung einer Beschwerde erfüllt werden: Der*Die Beschwerdeführer*in ist verpflichtet, sich mit dem vorhandenen Problem im Voraus an die betroffene Einrichtung bzw. das betroffene Organ der EU gewendet zu haben. Außerdem muss eine Beschwerde innerhalb von zwei Jahren nach Kenntnisnahme des Sachverhalts eingereicht werden.

Auf der Internetseite der Europäischen Ombudsfrau wird eine Checkliste angeboten, die dem*der Beschwerdeführer*in dabei hilft, die erforderlichen Kriterien für eine Beschwerde zu kontrollieren.

Die Beschwerde kann sowohl elektronisch als auch per Post eingereicht werden. Der elektronische Weg verlangt die Einrichtung eines Online-Kontos. Beim Postweg muss darauf geachtet werden, Kopien des relevanten Schriftverkehrs sowie das bereitgestellte Beschwerdeformular ausgefüllt beizufügen. Sobald alle wichtigen Dokumente gesammelt sind, können die Unterlagen an folgende Adresse geschickt werden: Médiateur européen, 1 avenue du Président Robert, F-67001 Strasbourg Cedex.

Weitere Informationen:

Die Europäische Ombudsfrau

Europäische*r Bürgerbeauftragte*r

Hilfe bei einem Konflikt mit einer EU-Institution.

YouTube-Video: Was macht die Europäische Ombudsfrau?

 

Text: Eileen Eisenhut, Auslandsgesellschaft.de e.V.

Bild: CC0, geralt, Pixaby.com