2019_05_27 europäisches parliament

Was macht eigentlich das Europäische Parlament?

Seit 1979 dürfen die Bürger*innen der EU-Mitgliedstaaten alle fünf Jahre ihre Repräsentant*innen für das Europäische Parlament wählen. Insgesamt 751 Abgeordnete aus 28 Mitgliedstaaten finden sich dort regelmäßig zum Diskutieren, Debattieren und Beschließen zusammen. Aber welche Aufgaben hat das Europäische Parlament überhaupt? Worüber entscheidet es? Wie werden die Wahlkandidat*innen bestimmt und was sind eigentlich Spitzenkandidat*innen? Wir haben die wichtigsten Infos zusammengefasst.

Das Europäische Parlament wird alle fünf Jahre im direkten Wahlverfahren von den EU-Bürger*innen gewählt. Von da an ist es seine Aufgabe, alle 513 Millionen Einwohner*innen der EU zu repräsentieren. Innerhalb des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens hat es nicht, wie zum Beispiel der Deutsche Bundestag, ein Initiativrecht, denn dieses besitzt nur die Europäische Kommission. Das bedeutet, dass die Kommission Gesetze vorschlägt, welche im Anschluss vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU gebilligt, abgeändert, oder abgelehnt werden. Außerdem entscheidet das EU-Parlament gemeinsam mit dem Rat der EU über die Haushaltsbefugnisse. Es kann kein Haushalt ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments verabschiedet werden. Eine weitere Aufgabe ist die parlamentarische Kontrolle über die EU-Kommission. Sie muss regelmäßig Bericht über ihre Arbeit erstatten und im Ernstfall kann das Parlament die Kommission sogar durch ein Misstrauensvotum des Amts entheben.

Worüber entscheidet das EU-Parlament?

Das EU-Parlament hat in vielen Angelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht. Zum Beispiel bei Aspekten der Entwicklungspolitik, Verkehrspolitik, in Sachen Niederlassungsrecht oder bei der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit. Es gibt aber auch Entscheidungen, bei denen das Parlament nur zustimmen oder ablehnen, selbst aber keine Änderungen einbringen darf. Hier kann es um die Aufteilung der Sitze im Parlament gehen, um den Beitritt neuer EU-Mitglieder oder um die Feststellung, dass ein Mitgliedsstaat die Grundwerte der EU verletzt hat. Der Weg hin zu diesen Entscheidungen wird allerdings nicht immer vom gesamten Plenum beschritten. Die meiste Arbeit wird schon zuvor durch einen der 20 Fachausschüsse geleistet, in denen Gesetzgebungsvorschläge gemacht, Anhörungen durchgeführt und Stellungnahmen verabschiedet werden. Dann erst wird im Plenum mit allen Abgeordneten debattiert. Im Jahr 2018 wurde so zum Beispiel über das Verbot von Einwegplastik, Mindestnormen für den Schutz von Minderheiten und Gleichstellung der Geschlechter in Handelsabkommen entschieden.

Die Fraktionen

Die Abgeordneten im EU-Parlament sitzen nicht nach Nationalität aufgeteilt, sondern bilden Fraktionen je nach europäischer Partei und politischer Position. Bis zur Europawahl 2019 gibt es acht Fraktionen: Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), die Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D), die Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL), die Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz (GRÜNE/EFA) und die Fraktion der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa + Renaissance + USR PLUS (ALDE). Außerdem die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD) und die Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF), welche als eher europakritisch gelten. Zur Bildung einer Fraktion sind mindestens 25 Abgeordnete erforderlich und es muss mindestens ein Viertel der Mitgliedsstaaten vertreten sein. Die zwei größten Fraktionen sind die EVP, der die CDU und CSU angehören, und die S&D, in der die SPD vertreten ist. Vor jeder Abstimmung im Plenum prüfen die Fraktionen die von den parlamentarischen Ausschüssen ausgearbeiteten Berichte und reichen Änderungsanträge ein. Der Standpunkt der einzelnen Fraktionen wird durch Debatten innerhalb der jeweiligen Fraktion festgelegt. Dabei kann kein Abgeordneter zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten gezwungen werden, doch trotzdem wird oft von einem Fraktionsdruck oder auch Fraktionszwang gesprochen. Das hängt damit zusammen, dass die europäischen Parteien meistens eine sehr hohe Fraktionsdisziplin erreichen und oft als einheitliche Akteurinnen im EU-Parlament auftreten. Die größte Rate gemeinsamer Abstimmung hatten in der Legislaturperiode 2014-2019 die Grüne/EFA-Fraktion, EVP, S&D und ALDE: Sie stimmten fast immer gemeinsam ab. Anders ist es im europakritischen Lager: Während die EKR zu ca. 2/3 gleich abstimmte, waren die EFDD und die ENF eher in der Mitte gespalten. Worüber in letzter Zeit abgestimmt wurde und welche*r Abgeordnet*e wie abgestimmt hat, kann hier auf der Seite des Europäischen Parlaments eingesehen werden. Dort werden nach jeder Abstimmung die Ergebnisse hochgeladen.

Die Europawahl

Wie kommt es zur Zusammensetzung des Europäischen Parlaments? Bei der alle fünf Jahre stattfindenden Europawahl werden in den einzelnen Mitgliedsstaaten die (größtenteils) nationalen Parteien gewählt, welche je nach Stimmenanteil in das Europäische Parlament einziehen dürfen. Die Wahlkandidat*innen können vorher von Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen in Form von nationalen Listen eingereicht werden. Einzelbewerber*innen können, anders als bei der Bundestagswahl, bei der Europawahl nicht kandidieren. Die Entscheidung über die Zulassung der Wahlvorschläge trifft in Deutschland der Bundeswahlausschuss. Der Wahlbezirk wird in den meisten Mitgliedstaaten durch die nationalen Grenzen gebildet. Einige Mitgliedstaaten unterteilen ihre Wahlgebiete jedoch in mehrere Bezirke. Zu diesen gehören zum Beispiel Belgien, Italien oder Polen. Wie die Wahlergebnisse der Europawahl 2019 aussehen, ist hier zu finden.

Durch den Lissabonner Vertrag hat das Europäische Parlament seit 2014 übrigens erstmals die Kompetenz, den Präsidenten der EU-Kommission zu wählen. Manche Fraktionen treten daher seitdem mit eigenen Spitzenkandidat*innen an. Dadurch können die Europawahlen nun auch direkten Einfluss auf die Besetzung der EU-Kommission nehmen. So nimmt die EVP zum Beispiel mit dem Deutschen CSU-Politiker Manfred Weber und die S&D mit dem Niederländer Frans Timmermans als Spitzenkandidat an der Europawahl teil.

 

Text von: Celine Kutzner, Auslandsgesellschaft.de e.V.

Bild: fill, Pixabay.com

Quellen: