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Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019 mit der Werner-von-Siemens-Gesamtschule Unna (06.05.2019)

Gleich zwei Leistungskurse der Sozialwissenschaften von der Werner-von-Siemens-Gesamtschule in Unna besuchten uns am 6. Mai 2019, um an unserer Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019 teilzunehmen. Im Fokus lag nicht trockene Theorie über die Europäischen Institutionen, sondern die Meinung der Schüler_innen. Sie machten sich Gedanken darüber, warum man wählen gehen sollte, äußerten Lob sowie Kritik an der EU und formulierten ihre Wünsche für die Europawahl 2019 und die Zeit danach.

Wie viel Europa steckt in dir?

Schon beim Warm-up zeigte sich, dass die meisten Schüler_innen der Werner-von-Siemens-Gesamtschule in Unna sich als Europäer_innen fühlten und auch vorhatten, am 26. Mai 2019 zur Europawahl zu gehen. Bereits in diesen ersten Minuten der Zukunftswerkstatt sagten sie: „Es geht um unsere Zukunft.“ Mit diesem positiven Einstieg ließ sich auch die Gruppenarbeit zu den EU-Institutionen leicht bewältigen. Die Gruppen setzten sich aus Vertreter_innen verschiedener EU-Institutionen zusammen: von Wahlhelfer_in über Europaabgeordnete_r bis hin zum_r Kommissar_in, Minister_in oder Regierungschef_in. Entsprechend ihrer Position arbeiteten die Gruppen Informationen über ‚ihre‘ Institution heraus und stellten sie anschließend in einem ‚Museumsrundgang‘ ihren Mitschüler_innen anhand von Plakaten vor.

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Museumsrundgang zu den Institutionen in der EU. (Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019 für Jugendliche, 06.05.2019)

Nachdem alle auf dem gleichen Wissensstand waren, wurden die Schüler_innen aufgefordert, Gründe für und gegen die Teilnahme an der Europawahl zu nennen. Auch wenn ein allgemeiner Konsens darin bestand, dass wählen gehen wichtig ist und von jedem_r gemacht werden sollte, äußerten die Jugendlichen Bedenken: So kritisierten sie, dass die Parteienwerbung nichtssagend sei und dass Aussagen von Politiker_innen oft ausweichend und wenig konkret seien. Das führe dazu, dass gerade Jugendliche seltener an Wahlen teilnehmen und daher „die alten Leute für junge Leute“ entscheiden würden.

In der Kritikphase der Zukunftswerkstatt sollten die Jugendlichen formulieren, was ihnen an der EU gefällt und was nicht. Sie schätzten die Europäische Union vor allem für den Euro, Erasmus+, die Abschaffung der Roaming-Gebühren und dem freien Reisen, aber vor allem war ihnen auch der europäische Gemeinschaftsgedanke sehr wichtig. Die Schüler_innen waren überzeugt, dass nur eine starke Gemeinschaft das Durchsetzungsvermögen habe, die Rechte und Freiheiten, die man als EU-Bürger_in genießt, zu verteidigen. Daher richtete sich ihre Hauptkritik an die Uneinigkeit der Mitgliedsstaaten, welche wiederrum zu verspätetem Handeln oder Stillstand bei wichtigen politischen Problemen führe, wie beispielsweise in der Klima- und Flüchtlingspolitik.

Wie sähe euer Traum-Europa aus?

In jeder Zukunftswerkstatt werden die Jugendlichen nach ihren Wünschen für die Europäische Union gefragt. Die Schüler_innen aus Unna hatten viele Ideen. Von Verbesserungsvorschlägen, wie zum Beispiel mehr Klimaschutz und eine Anti-Plastik-Politik, über eine weitere Abgabe von Souveränität der einzelnen Mitgliedsstaaten an die EU bis hin zu Vorschlägen zur Stärkung der EU als Ganzes war alles dabei. Aber auch sehr kreative Ideen wurden genannt, wie Steuersenkungen im Monat Dezember, die Einführung eines ‚Earth Day‘ und die Legalisierung von Cannabis, um dem Schwarzmarkt entgegenzutreten und durch die Steuereinnahmen bessere Sozialpolitik betreiben zu können. Vor allem aber wünschte man sich mehr Ehrlichkeit seitens der Politiker_innen.

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Wunschzettel an die EU der Schüler_innen. (Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019 für Jugendliche, 06.05.2019)

Expertengespräch mit Andreas Christ

Ein Bestandteil unserer Zukunftswerkstätten ist ein Gespräch mit einem*r Europaexpert*in, um die Wünsche und Zukunftsideen der Jugendlichen mit einem*r Insider*in zu besprechen. Der Leiter des EuropaPunkt Bonn, Andreas Christ, brachte an diesem Tag ein enormes Fachwissen rund um die EU mit. Im Gespräch mit ihm ging es den Jugendlichen vor allem um Umwelt-, Netz- und Sozialpolitik. Christ überzeugte schnell mit seiner offenen Art und seiner Ansicht, dass bei der EU auch nicht immer alles perfekt funktioniere, man aber gemeinsam daran arbeiten könne.

Hinsichtlich der Verringerung des CO2-Austoßes durch Verkehrsreduzierung erläuterte Christ, dass die Benutzung des öffentlichen Nahverkehrs in Deutschland noch immer teurer sei, als Auto zu fahren. So lange sich dies nicht ändere, könne man in diesem Bereich nicht das gewünschte Klimaziel erreichen. Bei diesem, wie bei vielen anderen Themen auch, liegen die Beschlüsse nicht in europäischer Hand, sondern bei den Nationalstaaten, so Christ. Hier wurden keine Kompetenzen an die EU übertragen. So auch in den Bereichen Bildung und Soziales. Da die einzelnen Nationalstaaten zum Teil sehr unterschiedliche Sozialstandards hätten, wäre eine Einigung auf einen europaweiten Mindestlohn oder Kindergeld aktuell auch kaum möglich.

Beim Thema Netzpolitik ging Christ auf die Verabschiedung von Artikel 13/17 ein, erklärte Hintergründe und riet, wählen zu gehen, wenn man wolle, dass im nächsten Europäischen Parlament mehr Politiker_innen sitzen, welche auf die Forderungen der Jugendlichen eingehen. Er betonte aber auch, dass z.B. durch die Abschaffung des Geo-Blockings die EU auch viel Positives in Sachen Netzpolitik erreicht habe und dass die EU eines der stärksten Datenschutzgesetze der Welt habe.

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Experte Andreas Christ stellt sich den Fragen der Schüler_innen. (Zukunftswerkstatt zur Europawahl 2019 für Jugendliche, 06.05.2019)

Zum Abschluss ging Christ auf die Kritik der zu langen Entscheidungsfindung im Europäischen Parlament ein und sagte, dass es manchmal besser sei, länger über eine Sache nachzudenken, anstatt vorschnell eine Entscheidung zu treffen.

Anschließend hatten die Jugendlichen die Möglichkeit, an einer simulierten Europawahl teilzunehmen, um ihr Prozedere kennenzulernen. Somit bildete ein neues Europäisches Parlament das Ende eines sehr erfolgreichen Tages:

19_05_06 Wahlergebnis

Zufrieden mit dem Ergebnis blieb vor allem der Satz einer Schülerin von dieser Zukunftswerkstatt in Erinnerung: „Viele Finger formen eine Hand. So sollte Europa sein.“

Die Zukunftswerkstätten zur Europawahl 2019 sind ein Projekt des Europe Direct Dortmund in Zusammenarbeit mit der Stadt Dortmund und den Jungen Europäischen Föderalisten NRW e.V. Die Veranstaltung wurde mit Unterstützung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung durchgeführt.

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Text von: Karin Bienkowski, Auslandsgesellschaft.de e.V.

Fotos: © Celine Kutzner, Auslandsgesellschaft.de e.V