Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Was macht die EU?

Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Was macht die EU?

Während der Corona-Pandemie koordiniert die Europäische Kommission gemeinsame Maßnahmen: Einheitliche Impfzertifikate, Impfstoffbeschaffung und Solidarität unter den Mitgliedstaaten. So können sich europäische Länder, Regionen und Städte bei der Bekämpfung der Pandemie unterstützen, unter anderem durch Bereitstellung von Schutzausrüstungen und die Übernahme von Patienten. Was bei einer Pandemie in Europa unabdingbar ist, bringt auch grundsätzlich viele Vorteile. Was tut die EU insgesamt für die Gesundheit ihrer Bürger:innen?

Wer ist in der EU für Gesundheit zuständig?

Drei Organisationen sind innerhalb der EU für Gesundheitsangelegenheiten verantwortlich. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA), das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Europäische Behörde für die Reaktion und Vorbereitung auf Notfälle im Gesundheitswesen (HERA).

Die Europäische Arzneimittelagentur ist für die Beurteilung und Überwachung von Arzneimitteln zuständig. Sie erteilt speziellen Medikamenten für Krebs, HIV und Diabetes und anderem die Zulassung für den europäischen Markt. Dafür wird die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Medikaments überprüft. Die Sicherheitskontrolle wird auch nach der Einführung mithilfe des „PharmakovigilanzNetzwerk“ weiter durchgeführt. 4000 Experten aus 30 Ländern: die Mitgliedstaaten der EU, Island, Liechtenstein und Norwegen, arbeiten dafür zusammen.

Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist eine Agentur der Europäischen Union, dessen Aufgabe es ist, ansteckende Krankheiten zu bekämpfen. Dafür nutzt das ECDC verschiedene Strategien, wie Überwachung, wissenschaftliche Hinweise, Mikrobiologie, Vorbereitung, öffentliche Gesundheitsübungen, internationale Beziehungen, Gesundheitskommunikation, die wissenschaftliche Zeitschrift „Eurosurveillance“ und Epidemic Intelligence. Letzteres ist ein Programm, das versucht mithilfe von früher Erkennung, Bewertung und Kommunikation im Falle von ansteckenden Krankheiten, Frühwarnungen an die Bevölkerung herauszugeben.

Von Themen wie antimikrobieller Resistenz bis zu Tuberkulose und HIV umfassen die Programme des ECDC verschiedene gesundheitliche Schwerpunkte. 2021 hat das ECDC unter anderem bei der Impfstoffabdeckung in der EU geholfen.

Erst im September dieses Jahres gab die EU bekannt, eine weitere EU-Behörde für den Gesundheitsbereich einzurichten: Die Europäische Behörde für die Reaktion und Vorbereitung auf Notfälle im Gesundheitswesen (HERA). Sie soll an der Krisenvorsorge und –reaktion der EU mitarbeiten, beispielsweise durch Gefahrenanalysen und Vorhersagemodelle sowie durch Forschung und Innovation. Dafür kann HERA von 2022 bis 2027 auf sechs Milliarden Euro zugreifen, welche ihr im Rahmen des EU-Programms „NextGenerationEU“ und weiteren EU-Programmen bereitgestellt werden. HERA wurde als Reaktion auf die während der Corona-Krise entdeckten Schwächen der Gesundheitskoordination innerhalb der EU gegründet. Mithilfe der neuen Behörde will die Europäische Union besser auf Infektionskrankheiten, welche auch aufgrund der durch den Klimawandel und das Bevölkerungswachstum belasteten Tiergesundheit, wahrscheinlicher werden, vorbereitet sein.

Zuständig für die EU-Politik im Bereich der Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist die Generaldirektion SANTE. Diese hat sich das Ziel gesetzt, die Gesundheit der EU-Bürger zu verbessern, indem sie das öffentliche Gesundheitswesen optimiert, nachhaltige und sichere Lebensmittel gewährleistet und Ackerkulturen und Wälder gesund hält. Die Generaldirektion ist für zwei Überbereiche verantwortlich: Die Lebensmittelsicherheit und das öffentliche Gesundheitswesen

Lebensmittelsicherheit

Die EU hat eine der höchsten Lebensmittelsicherheitsstandards der Welt. Einer der Mechanismen, die diese Standards schützen sollen, ist das Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF), welches einen Teilbereich der Lebensmittelsicherheit darstellt. Das Schnellwarnsystem wurde 1979 geschaffen und ermöglicht es den EU Mitgliedstaaten, den EU-Institutionen, der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Norwegen, Liechtenstein, Island und der Schweiz, Informationen über mögliche Risiken in der Nahrungskette für die öffentliche Gesundheit auszutauschen. So können zum Beispiel bestimmte Produkte vom europäischen Markt zurückgerufen werden. Jedes Jahr gibt das RASFF einen Jahresbericht heraus, in dem die verschiedenen Meldungen und Risiken des Jahres einsehbar sind.  Außerdem können Verbraucher aktuelle Warnungen in den Mitgliedstaaten im Verbraucher Portal einsehen.

Bezüglich der Pflanzengesundheit beschäftigt sich die Lebensmittelsicherheit unter anderem mit gentechnisch veränderte Organismen (GMO), Pestiziden und Biosicherheit.

Im Bereich der Lebensmittelsicherheit befinden sich außerdem zwei Arten von Experten Gruppen: die beratenden Gruppen, welche Gesetzesvorschläge gründlich untersuchen und die wissenschaftlichen Komitees, welche für die Bereitstellung von wissenschaftlichem Rat zuständig sind, und auf neue Probleme hinweisen sollen. Außerdem können diese Gruppen zusätzliche Expertise von wissenschaftliche Beratern einbringen. Auch die Komitees können von der Kommission zu geplanten Maßnahmen vor ihrer Umsetzung konsultiert werden. Sie bestehen aus Repräsentanten der Mitgliedstaaten und einem Repräsentanten der Europäischen Kommission, welcher den Vorsitz innehat.

Die EU Verordnung über das allgemeine Lebensmittelrecht ist die Grundlage der europäischen Nahrungsmittel- und Futtergesetze. Sie legt Prinzipien, Voraussetzungen und Vorgänge im Bereich der Nahrungsmittel- und Futtersicherheit fest. Das allgemeine Lebensmittelrecht der Europäischen Union schreibt vor, dass alle EU-Bürger Zugang zu sicheren und hoch qualitativen Nahrungsmitteln haben müssen. Außerdem wurde eine unabhängige Agentur gegründet, welche für die wissenschaftliche Beratung und Unterstützung zuständig ist. In den letzten 10 Jahren hat die EU 3,3 Billionen Euro für die Lebensmittelsicherheit ausgegeben.

Öffentliches Gesundheitswesen

Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in den Mitgliedstaaten der EU. Daher ist einer der Hauptpunkte im Gesundheitsbereich der Europäischen Kommission die Krebsbekämpfung. Im Februar 2020 wurde der europäische Plan zur Krebsbekämpfung vorgestellt. Dadurch sollen die Mitgliedstaaten unterstützt werden, damit Krebs vorgebeugt und Krebspatient:innen und ihre Angehörigen, Überlebende und Pflegekräfte besser unterstützt werden können. Dies soll umgesetzt werden mithilfe von vier Hauptzielen: Prävention, Früherkennung, Diagnose und Behandlung sowie das Schaffen guter Lebensqualität für Krebspatient:innen und Überlebende.

Im Bereich der öffentlichen Gesundheit organisiert die Europäische Kommission außerdem den Zyklus „Gesundheitszustand der EU“. Dieser soll Informationen und Fachwissen zum Gesundheitswesen in Form von kurzen Berichten bereitstellen. Der Zyklus besteht aus vier Stufen: einem Bericht namens „Gesundheit auf einen Blick“, länderspezifischen Gesundheitsprofilen, Begleitberichten über aktuelle Veränderungen der Gesundheitssysteme und freiwillig beantragbare Austausche mit Experten:innen.

Darüber hinaus beinhaltet der Bereich der öffentlichen Gesundheit sogenannte Europäische Referenznetzwerke (ERN), welche als virtuelle Netzwerke versuchen, durch Zusammenarbeit von Gesundheitsdienstleistungsanbietern aus ganz Europa, seltene und komplexe Krankheiten zu bekämpfen.  Dafür werden virtuelle Beratungen zwischen den medizinischen Bereichen durchgeführt. An den ersten ERNs, die es seit 2017 gibt, nahmen Fachleute aus über 300 Krankenhäuser aus 26 Mitgliedstaaten teil. Themen der ERNs sind unter anderem Krebs im Kindesalter oder Knochenschäden.

Ein Thema, was sowohl die Lebensmittelsicherheit als auch das öffentliche Gesundheitswesen beschäftigt, sind EU-Maßnahmen zur Bekämpfung von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe (AMR). Die Resistenz gegen antimikrobielle Wirkstoffe bezeichnet Fälle, in denen Mikroorganismen, antimikrobielle Mittel, beispielsweise Antibiotika, überleben, was dazu führt, dass Krankheiten schwieriger oder gar nicht zu bekämpfen sind. Etwa 33000 Menschen sterben innerhalb der EU jedes Jahr an den Konsequenzen von AMR. Außerdem verliert die EU jährlich 1,5 Milliarden Euro durch Gesundheitskosten und Produktionsverluste aufgrund von AMR. Um dies zu bekämpfen, hat die Europäische Union einen Aktionsplan ins Leben gerufen, dessen Hauptziele die Etablierung der EU als Best-Practice-Region, die Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation in diesem Bereich und die Gestaltung einer globalen Agenda sind.

Momentan ist Corona noch die größte Herausforderung für das Gesundheitssystem in Europa. Während die Fälle in Europa wieder zunehmen, arbeitet die Europäische Union zurzeit an Zulassungen für Covid-Medikamente. Am 11. November hat die EMA zwei Antikörper-Therapien empfohlen. Ronapreve aus der Schweiz und den USA und Regkirona aus Südkorea enthalten synthetische Antikörper, welche Corona-Patienten, die die Antikörper schlecht durch eine Impfung selbst bilden können vor einem schweren Verlauf der Erkrankung schützen. Die EU-Kommission kann die Medikamente jetzt endgültig zulassen. Nach der Impfung werden sie der zweite, wichtige Baustein sein, um die Pandemie in Europa hinter uns zu lassen.

 

Text: Luise Blessing