Planungstagung: Internationale Wochen gegen Rassismus 2019 (17.09.2018)
Vom 11. bis zum 24. März 2019 werden die nächsten Internationalen Wochen gegen Rassismus stattfinden. Welche Schwerpunkte sollten bei diesen in Deutschland gesetzt werden? Und wie kann man während der Aktionswochen angemessen auf die im Mai 2019 anstehenden Wahlen des Europäischen Parlaments eingehen? Dies waren die zentralen Fragen, die bei der von der Stiftung gegen Rassismus organisierten Planungstagung besprochen wurden, die am 17. September 2018 in Mainz stattfand.
Die Planungstagung begann mit einem Rückblick auf die vergangenen Aktionswochen gegen Rassismus, die im März 2018 stattgefunden hatten. Insgesamt wurden der Stiftung 1750 Veranstaltungen in diesem Zeitraum gemeldet. In Deutschland hätten somit weltweit die meisten Aktionen während der Internationalen Wochen stattgefunden. Auch das Europe Direct Dortmund war mit einer Podiumsdiskussion zum Thema „Rechtsruck in Europa“ (12.03.2018) dabei. Erfreulich sei es zudem, dass während der gesamten Aktionswochen lediglich vier Störvorfälle gemeldet worden seien, so Marlies Horch, Referentin der Stiftung gegen Rassismus.
Anschließend hielt Dr. Theo Zwanziger, ehemaliger DFB-Präsident und Mitbegründer der Stiftung, ein Grußwort, in dem er auf die Bedeutung des Sports für die Integration einging. Der Sport schaffe die Begegnung zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer Gruppen und erziehe in der Regel zu Fairness und Toleranz. Doch Konflikte, die auf dem Sportplatz entstünden, könnten sich auch zu Integrationsproblemen entwickeln, wenn mit ihnen nicht angemessen umgegangen würde, so Dr. Zwanziger. Er forderte deshalb insbesondere die Verantwortlichen im Fußball auf, in diesem Bereich auch politisch aktiv zu sein. Im Sport sei es unverzichtbar, sich für die Werte der Demokratie einzusetzen. Zudem sehe Dr. Zwanziger Integration nicht bloß als Bringschuld der Minderheiten: „Die Mehrheitsgesellschaft hat auch die Aufgabe, auf Minderheiten zuzugehen.“
„Europa wählt Menschenwürde“
Jagoda Marinić, Schriftstellerin und Vorstandsmitglied der Stiftung, schloss an Dr. Zwanziger an und gab einige Impulse dazu, was in den kommenden Aktionswochen angesichts der Europawahlen wichtig werden könnte. Die stetig sinkende Wahlbeteiligung bei den Europawahlen betrachtete Marinić mit Sorge, ebenso, wie die Tatsache, dass das Thema Migration aktuell vollends den gesellschaftlichen Diskurs bestimme: „Die Medien zeichnen ein Bild unserer Gesellschaft, das so nicht stimmt. Letztlich sind nur ein bis zwei Prozent aller Geflüchteten weltweit nach Europa gekommen.“ Marinić begrüßte deshalb, dass die kommenden Aktionswochen auch unter dem Slogan „Europa wählt Menschenwürde“ stattfinden sollen. Sie sei für sich selbst zu dem Entschluss gekommen, in den nächsten Monaten nicht mehr über Migration, Rassismus oder Rechtsextremismus zu schreiben, da man Rechten auf diese Weise bloß eine Bühne biete. Stattdessen sehe sie die Wut vieler Menschen darin begründet, dass wichtige soziale Fragen auf Identitätsfragen projiziert würden: „Warum soll ich Fremden helfen, wenn es mir doch selbst schlecht geht?“ Für Marinić stelle die relative Armut innerhalb der Gesellschaft einzelner Länder, aber auch das Wohlstandsgefälle zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ein erhebliches Problem dar, zu dem auch die aktuelle Politik der EU beitrage. Ihre Forderung lautete deshalb: „Soziales Europa, nicht neoliberales Europa“.
Die von Marinić genannten Impulse wurden am Nachmittag in einer Arbeitsgruppe unter ihrer Leitung vertieft, an der auch Vertreter*innen der Parteien CDU, SPD, FDP und Die Linke teilnahmen. Diese waren sich einig, dass vor der Europawahl parteiübergreifende Bündnisse nötig seien, um den Bürger*innen zu signalisieren, dass Menschenrechte und demokratische Werte nicht verhandelbar seien. In der gemeinsamen Diskussion der Arbeitsgruppe wurde deutlich, dass der aktuelle Europadiskurs sehr negativ und national geprägt sei, was daran liege, dass Europa seit Beginn der Finanzkrise fast ausschließlich im „Krisenmodus“ diskutiert würde. Doch wie kann man diesen negativen Diskurs ins Positive wenden? Vor der kommenden Europawahl 2019 sei es nun an der Zeit, eine gemeinsame Vision für die Europäische Union zu entwickeln, und sich zur Abwechslung zu fragen: Wofür bin ich eigentlich, nicht wogegen? Zudem herrschte Einigkeit, dass die Arbeit mit Jugendlichen auch in Zukunft unverzichtbar sei, um ein Bewusstsein für die Werte der Demokratie zu schaffen.
Text: Rebecca Melzer, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Foto: © Rebecca Melzer, Auslandsgesellschaft.de e.V.