Juncker und Oettinger begrüßen Ergebnis der Koalitions-Sondierungen in Deutschland
„Ich bin inhaltlich sehr zufrieden mit dem, was die CDU/CSU und SPD festgehalten haben. Das ist ein zukunftsorientierter und konstruktiver Text zur Zukunft Europas“, kommentierte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 12.01.2018 bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bulgariens Premierminister Bojko Borissow zum Auftakt der bulgarischen EU-Ratspräsidentschaft in Sofia. Der EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger äußerte sich via Twitter ebenfalls zuversichtlich: „Ich begrüße das klare Bekenntnis zur Stärkung Europas und die Bereitschaft, mehr zum EU-Haushalt beizutragen“.
Am selbigen Tag wurde die finale Fassung der Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD veröffentlicht. Darin kommt klar der pro-europäische Gedanke zum Ausdruck, so ist bereits in der Präambel des Papiers von einem „neuen europapolitischen Aufbruch“ die Rede. Die Parteien wollen den Zusammenhalt Europas auf sämtlichen Ebenen vertiefen und das Prinzip der wechselseitigen Solidarität stärken. Deutschland spielt dabei eine wichtige Rolle – es soll sich aktiv in die Debatte über die Zukunft der EU und eine Stärkung der europäischen Integration einbringen. Die für die europäische Gemeinschaft essentiellen demokratischen und rechtsstaatlichen Werte sollen zukünftig noch konsequenter durchgesetzt werden, um neues Vertrauen der Bürger*innen zu gewinnen. Doch wie genau stellen sich die möglichen Koalitionspartner ein zukünftiges Europa vor?
Ein Europa der Wettbewerbsfähigkeit und der Investitionen
Die Parteien sind der Ansicht, dass das wirtschaftliche Wachstum in Europa eng mit dem in Deutschland verbunden ist, somit seien Investitionen in Europa auch Investitionen in eine gute Zukunft der BRD. Um die Basis eines künftigen Wohlstands zu sichern, soll die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Kontext der Globalisierung gestärkt werden. Dazu sollen u.a. Initiativen wie das europäische Investitionsprogramm EFSI fortgeführt und ausgebaut werden.
Ein Europa der Chancen und der Gerechtigkeit
Junge Menschen sind Europas Zukunft. Ihre Hoffnungen auf Europa gelten als wichtiger Grundstein für das Fortbestehen der Solidaritätsgemeinschaft. Dementsprechend wollen die Parteien dazu beitragen, bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen und die internationale Freizügigkeit zu erleichtern. Dazu sollen die Jugendarbeitslosigkeit mit mehr Mitteln der EU bekämpft und Austauschprogramme wie Erasmus+ ausgebaut werden. Nicht nur in Deutschland soll es einen Mindestlohn geben, sondern in ganz Europa. Das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit am selben Ort in der EU soll als soziales Grundrecht wahrgenommen werden können. Der Kampf gegen Lohndumping und soziale Ungleichheiten in wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten sichere auch den Sozialstaat und die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland, so die Parteien. Um die faire Mobilität für EU-Bürger*innen zu fördern, sprechen sie sich u.a. für mehr Vergleichbarkeit von Bildungsstandards in der EU aus.
Ein Europa des Friedens und der globalen Verantwortung
International soll nicht weniger, sondern mehr Kooperation stattfinden, um globale Herausforderungen zu meistern. Aus diesem Grund sind sich die Parteien einig in der klaren Absage an Protektionismus, Isolationismus und Nationalismus. Nichtsdestotrotz soll eine gewisse Subsidiarität erhalten bleiben, um lokale Herausforderungen effizient auf lokaler Ebene zu lösen. Dies soll die Stärkung der Handlungsspielräume von Kommunen und Ländern gewährleisten. Europa folgt nach wie vor dem Gedanken einer gemeinsamen Friedensmacht, diese soll durch die gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik gestärkt werden. Dabei steht die Forderung nach dem Prinzip eines Vorrangs des Politischen vor dem Militärischen klar im Vordergrund. Die Zusammenarbeit bei der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (PESCO) soll daher insbesondere auf Friedenssicherung, Entspannung und zivile Krisenprävention ausgerichtet werden. In der Flüchtlings- und Migrationspolitik soll die EU Migration künftig besser ordnen und steuern. Dazu gehören das Bekämpfen der Fluchtursachen, ein wirksamer Schutz gemeinsamer Außengrenzen und eine solidarische Verantwortungsteilung zwischen den Mitgliedstaaten. Auch beim Klimaschutz sollen Fortschritte erzielt werden: Die Parteien fordern ein Eintreten der EU für eine ambitionierte Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens.
Es bleibt ungewiss, ob und welche der Vorschläge aus den Sondierungsgesprächen realisiert werden. Fakt ist, dass eine Mehrheit der deutschen Bürger*innen grundsätzlich hinter den Plänen für mehr Europa steht. Laut einer aktuellen Studie befürworten 64 Prozent der Bevölkerung mehr europäische Integration, um die Herausforderungen der Globalisierung zu meistern. Dies dürfte auch dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron entgegenkommen, der die Unterstützung der deutschen Regierung für seine Pläne zum Umbau der EU braucht.
Text: Isabel Bezzaoui, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Bild: CC0, stux, Pixabay.com
Diese Pläne haben Jean-Claude Juncker und Emmanuel Macron für die Zukunft Europas: Zwei Visionen, eine Richtung – Pläne für die Zukunft Europas
Quellen:
https://www.tagesschau.de/inland/ergebnis-sondierungen-101.pdf