NextGenEU vor Ort: MY WAY Dortmund – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch
Im Rahmen von NextGenerationEU werden Projekte gefördert, die sich mit der Beschäftigungs-, Sozial-, Bildungs- und Qualifikationspolitik der EU beschäftigen und darauf abzielen eine sozialere und inklusivere EU zu erschaffen. So hat auch das Projekt MY WAY des EWZ von NextGenerationEU profitiert.
Das Projekt bietet Frauen mit Migrationserfahrung Unterstützung bei der Anerkennung von Qualifikationen und Abschlüssen, bei Behördengängen, Bewerbungen und beim Erwerb der Deutschen Sprache an. Wir haben mit Frau Heidi Schanz und Frau Tanja Klisanic vom EWZ über das Projekt gesprochen.
Steckbrief
Name des Projekts: MY WAY Dortmund – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch
Träger: EWZ – Entwicklungszentrum für berufliche Qualifizierung und Integration GmbH
Teilvorhabenpartner: Train of Hope Dortmund e.V., Frauenzentrum Dortmund 1980 e.V.
Kooperationspartner: Agentur für Arbeit Dortmund, Jobcenter Dortmund, Gleichstellungsbüro Stadt Dortmund, Jugendamt, Mütterzentrum Dortmund, dwf.- Dortmunder Weiterbildungsforum e.V., Zentrum für ethnische Ökonomie
Förderprogramm: Das Projekt „MY WAY Dortmund“ wird im Rahmen des Programms „MY TURN“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales & die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds PLUS (ESF Plus) gefördert.
Ziel des Projekts:
- Förderung der Arbeitsmarktintegration von Frauen mit Migrationserfahrung
- Abbau von Barrieren (Sprachbarriere usw.)
- Schaffung neuer beruflicher Perspektiven & Empowerment
- Austausch mit & Vorbereitung von Betrieben zur Aufnahme von Praktikantinnen mit Beschäftigungsaussicht
Projektmaßnahmen:
- Kultursensible Beratung, individuelle Unterstützung & Trainings
- Unterstützung bei Kompetenzbilanzierung, Praktika & Kinderbetreuung
- 775 individuelle Beratungen wurden bereits durchgeführt
- Empowermenttrainings zur Stärkung persönlicher, sozialer & interkultureller Kompetenzen
- Bewerbungstrainings & Schulungen zur digitalen Kompetenzentwicklung
- Ernennung & Weiterbildung von ehrenamtlichen Botschafterinnen
- Unterstützung & Begleitung bei Anerkennung der schulischen und/oder beruflichen Ausbildung
- Gemeinsames Gärtnern Deutsch lernen im MY Way-Sprachgarten & Sprachcafé für Frauen
- Austausch mit Experten*innen aus IHK, HWK, Agentur für Arbeit und Jobcenter, Wirtschaftsförderung, Stadt DO / MIA-DO – Kommunales Integrationszentrum DO, Jugendamt Do., Gleichstellungsbüro Do. dwf-Dortmunder Weiterbildungsforum, TU und FH Dortmund
- Regelmäßige Informationsveranstaltungen bei Beratungsstellen, Integrationskursträgern, Sprachkursträgern & Kooperationspartnern
- Kooperation und Netzwerkarbeit mit anderen Projekten wie „Competentia“ der WiFö Dortmund
Interview mit Frau Heidi Schanz und Frau Tanja Klisanic vom EWZ Dortmund
Frau Schanz, worum geht es in Ihrem Projekt?
Das Projekt unterstützt Frauen mit Migrationshintergrund bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Zu Beginn werden wichtige Daten wie Schul- und Berufsausbildung, Berufserfahrung, Kinderbetreuung und Lebenssituation erhoben. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und Qualifikationen steht dabei im Fokus. Das Projekt hilft hier bei der Einleitung des Anerkennungsprozesses für unterschiedliche Schul- und Berufsabschlüsse der nicht-reglementierten Berufe. Die Teilnehmerinnen werden bei der Übersetzung von Dokumenten und dem Online-Antragsprozess unterstützt.
Der Weiterentwicklung des Sprachniveaus der Teilnehmenden gilt im Projekt ein weiteres Augenmerk. Das EWZ als zugelassener Kursträger für die Durchführung von berufsbezogener Deutschsprachförderung stellt passgenaue berufsbezogene Sprachkurse unterschiedlicher SprachNiveaus bereit, um die Teilnehmerinnen auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten, insbesondere Frauen im Anerkennungsverfahren für Fachberufe, wie Pflegefachkräfte oder Ärztinnen sind höhere Sprachniveaus für die Anerkennung notwendig.
Im Projekt unterstützen wir die Frauen bei der Bewerbungserstellung. Die eigenständige Verfassung der Bewerbung verbessert ihre Sprachkenntnisse und sorgt für eine realistische Darstellung ihrer Fähigkeiten. So können Arbeitgeber die Deutschkenntnisse realistisch einschätzen. Zusätzlich hilft das Projekt bei der Vermittlung von Praktika und der Einarbeitung am Arbeitsplatz.
Ein zentrales Problem ist zur Zeit, dass qualifizierte Fachkräfte über den Job-Turbo in Helferjobs vermittelt werden, während Frauen mit geringer Schulbildung dann kaum Chancen auf einen Quereinstieg in den Arbeitsmarkt über Helferjobs haben. Das Projekt versucht dem entgegenzuwirken, indem es berufliche Perspektiven schafft und bei der Anerkennung von Qualifikationen sowie dem Spracherwerb unterstützt.
An wen richtet sich Ihr Projekt?
Es werden zugewanderte und geflüchtete Frauen mit fremder Staatsangehörigkeit angesprochen. Der Fokus liegt schwerpunktmäßig auf Frauen, die in Dortmund und der Umgebung leben. Die Zielgruppe „Frauen mit Migrationserfahrung“ ist sehr vielfältig und reicht von gut ausgebildeten Fachfrauen bis hin zu Frauen ohne Schulabschluss und Alphabetisierung. Durch Netzwerke und direkte Ansprache im Alltag werden die Frauen erreicht. Ein gemeinsames Merkmal ist das Ankommen in einem fremden kulturellen Umfeld, oft verbunden mit unzureichenden Deutschkenntnissen.
Im Projekt unterstützen wir gezielt:
- Mütter und pflegende Angehörige: Hier haben wir insbesondere Frauen im Blick, die meist unsichtbar sind und keine verwertbaren Abschlüsse haben.
- Frauen mit nicht anerkannten Abschlüssen: Sie haben oft in prekären Arbeitsverhältnissen gearbeitet, was zu beruflicher und persönlicher Unsicherheit führte. Für diese Gruppe wird eine schnelle Spracherweiterung und Qualifizierung angestrebt, um sie in Mangelberufe zu integrieren.
Was ist Ihre Rolle in dem Projekt?
Meine Rolle als Beraterin ist es, die Frauen in allen Fragen rund um die berufliche Anerkennung, Sprachkurse, Behördengänge usw. aufzuklären. Außerdem helfe ich bei Bewerbungen und stehe mit dem Jobcenter und den Betrieben in Kontakt um die Frauen in Arbeit zu vermitteln.
Wir haben in unserem Projekt noch eine weitere Rolle ins Leben gerufen, nämlich die der Botschafterinnen. Diese Frauen sind häufig (ehemalige) Projektteilnehmerinnen und stehen uns zum Dolmetschen zur Verfügung. Somit können wir bei unseren Botschafterinnen anfragen, wenn wir Kenntnisse in einer bestimmten Sprache brauchen. Vergangene Woche war zum Beispiel eine Frau da, die mit Ihrem Sohn ins Krankenhaus musste, aber Angst hatte nichts zu verstehen. Unsere Botschafterin konnte hier unterstützen und für die Frau dolmetschen. Die Frauen, welche im Projekt als ehrenamtliche Botschafterinnen bereitstehen, sind großartig, hilfsbereit und engagiert.
Was ist das Besondere am MY WAY Projekt?
Für mich ist das Besondere, dass wir so viel Hilfe geben können und dabei noch so frei agieren können. Ein Alleinstellungsmerkmal ist auf jeden Fall, dass wir aktiv bei der Anerkennung der Berufsausbildung helfen. Neben dem Dortmunder Weiterbildungsforum (dwf.) sind die MY TURN-Projekte die Einzigen hier in der Umgebung. Wenn es uns nicht gibt, dann müssen die Frauen für Unterstützung durch eine IQ-Beratungsstelle bis nach Essen fahren und für einen Termin Wartezeiten von bis zu neun Monaten auf sich nehmen. Das ist einfach unvorstellbar. Da die Sprachbarriere eine so große Hürde ist, ist unser Projekt mit dieser Art von Hilfestellung besonders.
Stimmen der Botschafterinnen
Hoda: Wir Botschafterinnen versuchen anderen Frauen wie uns zu helfen. Ich selber hatte beispielsweise seit ich nach Deutschland gekommen bin immer Probleme mit der Sprache in der Ausländerbehörde oder mir fehlten Informationen über die Anerkennung meines Abschlusses. Also haben wir überlegt, wie wir anderen in dieser Situation helfen können. Wenn jemand Hilfe braucht, der unsere Sprache spricht, dann werden wir kontaktiert, dass jemand mit dieser Sprache in einer Behörde gebraucht wird und gefragt ob wir helfen können. Außerdem wollen wir helfen indem wir wichtige Information weitergeben, wie beispielsweise wo man günstiger einkaufen kann. Diesen Sommer haben wir auch eine große Feier gemacht zu der Jede ein traditionelles Gericht aus ihrer Heimat mitgebracht hat.
Olena: Mir wurde Hilfe beim Deutschlernen angeboten und so habe ich Heidi Schanz, als Beraterin im Projekt, kennengelernt. Hier gibt es eine Möglichkeit mit Leuten aus anderen Ländern zu kommunizieren und sie kennenzulernen, was sehr schön ist. Hier haben wir große Freude mit anderen Leuten zu kommunizieren, ohne Stress. Hier gemeinsam an diesem Tisch können wir fragen und reden und das ist schön. Diese Organisation ist sehr schön für uns, da es ein Ort für Integration ist und wir können Fragen stellen und verschiedene Hilfen bekommen. Außerdem bietet dieses Projekt unterschiedliche Möglichkeiten, die uns die Integration erleichtern.
Elvira: Ich bin im My Way Projekt, weil ich Kontakte mit anderen Frauen haben möchte und gerne kommunikativ bin. Hier habe ich viele Freundinnen gefunden. Nach zwei Jahren kenne ich durch dieses Projekt so viele Leute und fühle mich in Deutschland zuhause.
Sakar: Ich bin hier in My Way weil ich Unterstützung bekomme, nicht nur bei Behördengängen. Das Wichtigste ist es die Sprache zu verbessern, und hier kann man miteinander Deutsch sprechen. Für uns ist es sehr schwierig mit anderen Leuten zu kommunizieren. Ich habe immer Angst Fehler zu machen und deswegen ausgelacht zu werden. Hier habe ich diese Angst nicht, traue mich zu sprechen und finde es gut korrigiert zu werden. Man kann hier locker sprechen ohne Angst Fehler zu machen.
Wie kam die EU-Förderung zustande?
Unsere Geschäftsführung hat Anfang 2022 den Aufruf zum Förderprogramm „MY TURN – Frauen mit Migrationserfahrung starten durch“ gelesen und feststellten, dass dieser super ins Portfolio des EWZ passt. Zunächst wurden die passenden Teilvorhabenpartner gesucht, das Projekt entwickelt und der Projektantrag ausformuliert. Als wir tatsächlich den Zuschlag bekamen, war das schon ein großes Ding fürs EWZ. So ist dieses Projekt zu einer dritten Säule, neben der Förderung der beruflichen Fort- und Weiterbildung und der Sprachförderung, in unserem Portfolio geworden. Es macht unglaublich viel Spaß, wenn ich mitbekomme welche Fortschritte gemacht werden und wem geholfen werden kann. Zu sehen, wie die Frauen aus sich herauskommen können und ihre Scheu vor der Sprache verlieren, weil sie sich hier austesten können ohne das sie riskieren ausgelacht oder missverstanden zu werden. Wir haben unsere Expertise in dem Förderaufruf gesehen und die Möglichkeit genutzt. Da das Projekt ein Herzensprojekt ist und wir es total gerne machen, wollen wir uns mit neuen Zielvorgaben wieder für die EU-Förderung bewerben und das Projekt bis 2027 verlängern.