NextGenEU vort Ort: DUH-IT - Blockchain in der Logistik

NextGenEU vort Ort: DUH-IT – Blockchain in der Logistik

Im Rahmen von NextGenerationEU werden Projekte gefördert, die die strukturelle Entwicklung des Ruhrgebiets fördern, den Herausforderungen des Kohleausstiegs entgegenzutreten. So hat auch das Projekt DUH-IT vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML und der TU Dortmund von einer EFRE-Förderung unter NextGenerationEU profitiert.

Das Projekt richtet sich an Unternehmen und die ansässige Industrie in der Modellregion Dortmund – Unna – Hamm und zielt darauf ab, Wissen über die Blockchain-Technologie und deren Nutzen für sichere Netzwerke an Unternehmen und deren Mitarbeiter zu tragen. Dazu werden unter anderem Informationsveranstaltungen und Workshops mit Projektpartnern wie der Wirtschaftsförderung oder der IHK Dortmund und vielen weiteren geplant. Wir haben mit Timucin Korkmaz vom Fraunhofer IML über das Projekt gesprochen.

Steckbrief

Name des Projekts: DUH-IT: Blockchain in der Logistik – Innovationstransfer für die Modellregion „Dortmund-Unna-Hamm“

Projektträger: Bezirksregierung Arnsberg

Konsortium: Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML (Konsortialführer), TU Dortmund

Kooperationspartner: Wirtschaftsförderung Unna, IHK zu Dortmund, Wirtschaftsförderung Dortmund, Impuls (Hammer Wirtschaftsagentur), , Digital Hub Management, Open Logistics Foundation, TZ Net GmbH

Förderprogramm: EFRE (Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung)

Ziel des Projekts:

Blockchainwissen an kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) zu tragen und die Umsetzung anhand der Wasserstoffproduktion zu zeigen, um die Transformation der Region Dortmund, Unna und Hamm zu unterstützen.

Projektmaßnahmen: Portfolio von Workshops und Angeboten zum Thema Blockchain, die von ersten Erläuterungen des Konzepts Blockchain bis hin zu spezifischen Anwendungsfällen in Unternehmen reichen

Interview mit Timucin Korkmaz vom Fraunhofer-Institut IML

Timucin Korkmaz vom Fraunhofer IML. Foto: Fraunhofer IML

Herr Korkmaz, was ist Blockchain überhaupt und worum geht es in Ihrem Projekt?

Diese Frage ist tatsächlich immer noch aktuell. Viele Studien, insbesondere die Studien der Bitkom e.V. der letzten zwei Jahre, haben gezeigt, dass es ein besonders großes Wissensdefizit zu Blockchain gibt. Es kursieren die klassischen Vorurteile und Blockchain wird mit Bitcoin und Illegalem verbunden. Genau hier setzt das Projekt an.

Generell gibt es verschiedene Arten von Blockchain, die unterschiedlich arbeiten. Bitcoin ist eine Blockchain, die öffentlich und ohne Limitierungen ist. Es gibt aber auch Blockchainnetze, die steuerbar sind. So kann ein Konsortium von 10 Partnern untereinander eine Blockchain aufspannen. Zum Beispiel zwischen TÜV, Autohersteller, Behörde und Werkstattverband. Je mehr sich die vertretenen Interessen unterscheiden und umso größer dieses Netzwerk ist, desto sicherer ist das aufgespannte Netzwerk. Unter 10 Partnern kann man auch die Kommunikation viel effizienter, abgestimmter und direkter gestalten.

Unser Projekt ist auf die Region Dortmund, Unna und Hamm spezialisiert. Die Lösungen, die wir schaffen wollen, eignen sich natürlich global, aber die Region Dortmund-Unna-Hamm ist historisch gesehen besonders geeignet. Unterschiedliche Interessen benötigen ein sicheres Netzwerk. Durch die Kohle-, Stahl- und Zulieferindustrie haben wir in dieser Region eine sehr heterogene Struktur von Unternehmen. Das sind ideale Bedingungen, in denen die Blockchain Technologie ihre Vorteile ausspielen kann. Die Erzeugung von grünem Wasserstoff, wie es unter anderem von der Wasserstoffallianz Westfalen vorangetrieben wird, ist ein Szenario in dem die besagten Vorteile der Blockchain industriell genutzt werden können. Die Relevanz von grünem Wasserstoff und dessen Nachweisbarkeit ist nicht nur Regional ein wichtiger Aspekt. Auch in der europäischen Politik ist dies ein großes Thema, welches festgehalten wurde mit dem Artikel 48 der Renewable Energy Directive 3, der einen Nachweis über grünen Wasserstoff vorgibt. Das ist für uns der Punkt an dem wir den Einsatz der Blockchain als Informationsgrundlage und Systemarchitektur sehen. Da sie über verschiedene Partner hinweg funktioniert und gleichzeitig sicherstellt, dass die Information manipulationssicher aufbewahrt werden können. Das heißt, dass man nachweisen kann, dass eine Flasche Wasserstoff grün hergestellt wurde. Es ist auch nicht möglich im Alleingang nachträglich Änderungen an den erfassten Information durchzuführen. Man kann also keinen zum Beispiel braunen Wasserstoff „um labeln“. Während das in einer Datenbank möglicherweise nur die Änderung einer Zeile bedarf, wird eine Blockchain von einem Peer-to-Peer-Netzwerk getragen und obliegt nicht der Hoheit einer Partei. Das Peer-to-Peer Prinzip sorgt im Vergleich zu anderen topologisch aufgebauten Netzwerken für eine gewisse Datendemokratie im Netzwerk, da alle Teilnehmer gleichwertig sind.

An wen richtet sich das Projekt? Wer profitiert von dem Projekt?

Ideal ist es für Start-Ups und KMU, aber wir verweigern uns niemandem und richten uns an alle Unternehmen und Interessierte, die in der Industrie und Logistik agieren. Unser Ziel ist es, Wissen über die Blockchain an die Industrie heranzutragen. Dafür haben wir schon erste Formate erarbeitet. Wir können sowohl die bedienen, die noch keine Kenntnisse über die Blockchain haben, als auch die, die zu uns kommen und fragen, ob Blockchain zu ihrem konkreten Anwendungsfall passt. Wir kümmern uns von der Anbahnung bis zum Umsetzungskonzept. Zum Beispiel bieten wir öffentlich zugängliche Workshops an, in denen wir erklären, wie ein Smart Contract funktioniert. Es geht darum den Unternehmen ein Bild von den technischen Möglichkeiten der Blockchain zu vermitteln, so dass sie diese auf ihren konkreten Anwendungsfall abstrahieren können. Im Idealfall haben die Unternehmen am Ende eine Roadmap an der Hand, mit der sie in die Umsetzung gehen können. Das ist nämlich auch der Punkt, bis zu dem wir als Fraunhofer IML in diesem Konsortium die Unternehmen begleiten können. Da wir kein Beratungsunternehmen oder Softwareanbieter sind, dürfen wir als vom Bund geförderte Forschungseinrichtung nicht mit Industrieunternehmen konkurrieren. Aber wir können bis zum Absprungpunkt begleiten. Und das ist unsere Aufgabe, für die wir in vielen Netzwerken unterwegs sind und starke Partner an unserer Seite haben, zu denen auch IHKs und Wirtschaftsförderungen gehören.

In vorherige Forschungsprojekten haben wir bereits viel über die Verwendung von Blockchain im industriellen Kontext und deren Nutzen in Erfahrung bringen können. Von diesen Erfahrungen konnten wir hier profitieren und schöpfen nun aus unserem fundierten Erfahrungsschatz.

Parallel dazu bearbeiten wir das Thema Wasserstoff. Man braucht konkrete Beispiele, um von der Erklärung auf das eigene Problem abstrahieren zu können und da sehen wir das größte Potenzial im Bereich der Wasserstofferzeugung. Deswegen stehen wir auch im engen Austausch mit der Wasserstoffallianz Westfalen und beraten Unternehmen bei konkreten Fragen rund um die Nutzung von Blockchain und Wasserstofferzeugung. Das ist die Anwendungsschiene, in der das erarbeitete Know-how über die Möglichkeiten der Blockchain angewendet wird und so als Beispiel für andere Industriebereiche dienen kann.

Ziel ist die Wissensvermittlung auf der einen Seite und diese Anwendungsbeispiele in der Wasserstoffthematik auf der anderen Seite.

Was ist Ihre Rolle in dem Projekt?

Unser Projekt ist in unterschiedliche Stufen eingeteilt und mein Arbeitsbereich ist dieser initiale in dem Interessierte ganz niederschwellig an die Blockchain und ihren Nutzen herangeführt werden. Meine Kolleg:innen beschäftigen sich mit Schulungen und sind im Bereich der Wissensvermittlung tätig. Wenn die ersten Hürden überwunden sind, würde man schauen, wie man die Bildung an die Mitarbeiter:innen der Unternehmen weitergibt, um dann an der Umsetzung zu arbeiten. Dafür schaut man sich dann Prozesse an und überlegt, wie die Umsetzung als IT-Lösung aussehen könnte. Da versucht man die Techniker:innen und die IT-Mitarbeiter:innen der Unternehmen abzuholen.

Was macht das Projekt besonders?

Wir pflegen einen konstanten Austausch mit den Kolleg:innen von anderen Fraunhofer-Instituten die auch Transferformate anbieten. Dazu gehört auch die gegenseitige Unterstützung in unseren Projekten. Das heißt, wir sind nicht unbedingt ein Unikat, aber wir haben ein spezielles Alleinstellungsmerkmal. Die Tatsache, dass wir uns nach dem Hype um die Blockchain befinden, bedeutet, dass die „Trittbrettfahrer“ wieder abgesprungen sind und jetzt die Zeit der Macher beginnt. Wir sind überzeugt und interessiert daran, dass Deutschland als Forschungs- und Industriestandort mit an der globalen Spitze bleiben muss. Der Mittelstand war schon jeher immer der Motor der deutschen Wirtschaft, und wie die Vergangenheit gezeigt hat, ist Deutschland deswegen häufig relativ sicher aus Krisen wieder rausgegangen. Deswegen ist jetzt die Zeit, wo es nicht mehr um den Hype geht, sondern darum, die Leute mit echtem Interesse abzuholen. Zudem gehen wir auch aktiv auf die Wasserstoffwirtschaft zu, weil es in dem Industriebereich durch Paragraphen 48 der Renewable Energy Directive eine europäische Gesetzesanforderung von den Wasserstoffherstellern einen Nachweis für grünen Wasserstoff fordert. Da möchten wir mit Lösungsmöglichkeiten bereitstehen, um den Unternehmen die Zusammenhänge und Möglichkeiten der Blockchain zu erklären. Dementsprechend stellt unsere Ideologie Forschung und Industrie zusammenzubringen, ein Alleinstellungsmerkmal dar.

Wie kam die EU-Förderung zustande?

Wir hatten vorher schon EU geförderte Projekte, die erfolgreich durchgeführt worden sind und haben natürlich ein Interesse, diese Themen weiterzuführen. Wir sind dann auf diese Förderausschreibung gestoßen und sehr glücklich darüber, dass wir dieses Projekt realisieren können. Ein Stück weit ist es wie eine Fortsetzung der bisherigen Projekte. Bei dem Themenschwerpunkt, für den wir uns mit diesem Projekt beworben haben, ging es speziell um den Wissenstransfer und die Kombination aus Industrie und Forschung. Genau das, was wir hier sind. Es passte alles genau zu unserem Arbeitsschwerpunkten und unseren Beobachtungen, dass dieses Wissen in der Industrie einfach noch fehlt. Häufig sind solche Themen wie die Blockchain umstritten, was nicht an ihrem Potenzial liegt, sondern vielmehr an der bisherigen Nutzung. Genau da muss man ansetzen Wissen zu vermitteln und der Industrie Lösungswege aufzuzeigen.