Offizielle Verlängerung der Zulassung von Glyphosat – nationale Unstimmigkeiten
Am 27. November 2017 hat der Berufungsausschuss der EU-Kommission die Zulassung von Glyphosat in der EU um fünf Jahre verlängert. Die Verwendung des Unkrautvernichters ist jedoch nach wie vor umstritten.
Wie kam es zu dem Beschluss?
Seit den siebziger Jahren ist Glyphosat der weltweit am häufigsten eingesetzte Unkrautvernichter. Seit mehreren Jahren gibt es Hinweise darauf, dass das Mittel sowohl Mensch als auch Tier schaden könnte. Nach monatelanger Uneinigkeit hat der Berufungsausschuss der EU-Kommission nun am 27. November die Zulassung von Glyphosat um fünf Jahre verlängert. 18 der 28 EU-Mitgliedstaaten (u.a. Deutschland) haben dafür gestimmt, neun dagegen (u.a. Frankreich und Italien) und ein Land (Portugal) hat sich enthalten. Die 18 Staaten repräsentieren über 65 Prozent der Bevölkerung, somit wurde eine qualifizierte Mehrheit für den Beschluss erreicht. Bereits im März 2015 hatte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) einen Bericht veröffentlicht, welcher die Substanz als „wahrscheinlich krebserregend“ einstuft. Demgegenüber stehen die Untersuchungen anderer Institute, z.B. des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), deren zufolge kein Krebsrisiko durch Glyphosat besteht. Im Mai 2016 kam ein Fachgremium, an dem auch die World Health Organisation (WHO) beteiligt war, zu folgendem Ergebnis: „Glyphosat ist nicht krebserregend“. Jedoch gibt es Vorwürfe, an den Untersuchungen und deren Ergebnissen beteiligte Forscher*innen gehörten zu einem von Pflanzenschutzmittelherstellern finanzierten Netzwerk. Zusätzlich besteht der Verdacht, dass der Glyphosat-Hersteller Monsanto Forscher*innen bezahlt haben soll, damit diese ein positives Urteil fällen.
Was passiert auf nationaler Ebene?
Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, darunter auch das Herbizid Glyphosat, sowie deren Verwendungsbedingungen fallen weiterhin in die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten. Dabei müssen sie für jedes Produkt eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der klimatischen und landwirtschaftlichen Bedingungen in den jeweiligen Gebieten durchführen. Demzufolge entscheiden die EU-Länder selbst, ob sie die Anwendung von Glyphosat verbieten wollen oder nicht.
Welche Position vertritt Deutschland?
Die EU-Kommission bestätigt, dass Deutschland beantragt hat, die Anhänge des Entwurfs der Durchführungsverordnung dahingehend zu ändern, dass die Mitgliedstaaten bei der Bewertung von glyphosathaltigen Mitteln besonders auf den Schutz von Amateuranwendern und die Auswirkungen von Glyphosat auf die biologische Vielfalt achten müssen. Um den Forderungen nachzukommen, schlug die EU-Kommission eine geänderte Fassung des Verordnungsentwurfs vor – die Mitgliedstaaten stimmten den Änderungen zu. Anders als bisher stimmte nun auch Deutschland für die weitere Zulassung des Herbizids. Das CSU-geführte Landwirtschaftsministerium war für und das SPD-geführte Umweltministerium gegen die Zulassung. Wegen dieser Uneinigkeit enthielten sich deutsche Vertreter*innen bei den bisherigen Abstimmungen – dies sorgte u.a. dafür, dass weder für noch gegen die Zulassung die nötige Mehrheit der Mitgliedstaaten zustande kam. Auch bei der diesjährigen Entscheidung stellte sich die SPD klar gegen eine Verlängerung der Zulassung. Dennoch hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) als Vertreter des Landwirtschaftsministeriums in Brüssel für eine Verlängerung gestimmt. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) kritisierte die deutsche Zustimmung, sie sei „mit einer Verlängerung der Zulassung von Glyphosat weiterhin nicht einverstanden“. Schmidt hingegen verteidigt seine Entscheidung, die EU-Kommission hätte „sich ohnehin für die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat entschieden“. Parteimitglieder der SPD sprechen nun von einem „eklatanten Vertrauensbruch“. Nach Einschätzung der SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles diene das Votum des CSU-Ministers nicht den laufenden Koalitionsgesprächen zwischen den beiden Parteien.
Was ist mit der Bürgerinitiative gegen Glyphosat?
Am 6. Oktober dieses Jahres erhielt die EU-Kommission die Einreichung der europäischen Bürgerinitiative „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“. Darin forderten über eine Million Bürger*innen aus mindestens sieben Mitgliedstaaten die Kommission auf, „den Mitgliedstaaten ein Verbot von Glyphosat vorzuschlagen, das Zulassungsverfahren für Pestizide zu reformieren und EU-weit verbindliche Reduktionsziele für den Einsatz von Pestiziden festzulegen“. Bis zum 28. Oktober gingen aus 22 Mitgliedstaaten insgesamt 1.070.865 Unterstützungsbekundungen ein, die von den nationalen Behörden geprüft und validiert wurden. Am 12. Dezember kündigte die Kommission für das kommende Frühjahr einen Vorschlag für einen Rechtsakt an, mit dem die Transparenz und die Qualität der Studien bei der wissenschaftlichen Wirkstoffbewertung verbessert werden sollen. Das Verfahren für die Zulassung, die Beschränkung oder das Verbot von Pestiziden solle laut Kommission in Zukunft grundsätzlich transparenter gestaltet werden.
Text: Isabel Bezzaoui, Auslandsgesellschaft NRW e.V.
Foto: CC0, hpgruesen, Pixabay.com
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2017-10/glyphosat-monsanto-wissenschaftler-bestechung-eu-kommission
https://ec.europa.eu/germany/news/20171128-Glyphosat_de
http://www.zeit.de/thema/glyphosat
https://echa.europa.eu/de/-/glyphosate
https://ec.europa.eu/germany/news/20171212-Glyphosat_de
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http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/successful/details/2017/000002