Rede zur aktuellen Lage der EU von Ursula von der Leyen

Rede zur aktuellen Lage der EU von Ursula von der Leyen

Am 14. September 2022 hielt Ursula von der Leyen in Straßburg ihre jährliche Rede zur aktuellen Lage der Europäischen Union. Wie immer fasste sie wichtige Vorhaben und Prioritäten für das kommende Jahr zusammen. Welche Aspekte hob die Präsidentin der Europäischen Kommission besonders hervor und was soll sich in der Zukunft für die EU und die Mitgliedsstaaten ändern?

Weitere Unterstützung für die Ukraine

Zunächst spricht von der Leyen über den Krieg in Europa, der seit Februar alle Europäer:innen erschüttert. Sie betont die Brutalität des Angriffs auf die Ukraine und wie diese Herausforderung die gesamte EU auf die Probe gestellt hat. Außerdem hebt die Kommissionspräsidentin die Solidarität und den Mut der Europäer:innen hervor, die sich „weder versteckt noch gezaudert“ haben. Von der Leyen betont die nachdrückliche Unterstützung der Ukraine, auch durch die Freisetzung der vollen Kraft des EU-Binnenmarktes. Das bedeutet beispielsweise den kompletten Verzicht auf Einfuhrzölle, außerdem ist der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen im Gespräch.

Maßnahmen zur Unterstützung der Europäer:innen bei der Bewältigung der Energiekrise

Die Kommissionspräsidentin will den Mitgliedsstaaten mehr als 140 Milliarden Euro zusätzlich verschaffen, indem den Stromerzeuger:innen Geld abgenommen wird. Es geht um die sogenannten übermäßigen Gewinne, die insbesondere Produzent:innen von Atomstrom, Kohlestrom und Ökostrom in den vergangenen Monaten erzielen konnten, weil der Strompreis sich nicht nach ihren – relativ geringen – Erzeugerpreisen richtete, sondern nach den teuersten Erzeugerpreisen der Gaskraftwerke. Die Kommission will mit einer Verordnung, also einem für alle Mitgliedsstaaten gültigen Rechtsakt, durchsetzen, dass die übermäßigen Gewinne an Haushalte und Unternehmen umgeleitet werden. Im Grundsatz hatten die EU-Finanzminister schon Zustimmung signalisiert.

Abhängigkeiten verringern und die Zusammenarbeit mit verlässlichen Lieferanten stärken

Von der Leyen warnt in ihrer Rede Europa davor, sich in neue Abhängigkeiten zu begeben. Seltene Erden und Lithium würden künftig wichtiger sein als Öl und Gas, sagt sie mit Blick auf die ökologische Transformation: So werde sich der Bedarf an seltenen Erden bis 2030 verfünffachen. Erforderlich sei daher, dass die EU ihre Partnerschaften mit demokratischen Staaten ausbaue, um auch extern ihre Werte und Interessen zu vertreten. Die Kommission werde sich dafür einsetzen, die Handelsabkommen mit Chile, Mexiko und Neuseeland zu ratifizieren sowie mit Australien und Indien entsprechende Verhandlungen voranzutreiben.

Nachhaltigkeit fördern in der gesamten EU

Die Kommissionspräsidentin spricht sich dafür aus, dass weitere Investitionen in erneuerbare Energien, wie zum Beispiel Wasserstoff, getätigt werden sollen. Neu ist auch ein Drei-Milliarden-Programm für den Ausbau der Wasserstoffproduktion. Dazu soll eigens eine europäische Wasserstoff-Bank gegründet werden. Sie soll helfen, “den Kauf von Wasserstoff zu sichern” und gleichzeitig die unterentwickelte europäische Infrastruktur für Wasserstoff aufmöbeln. Außerdem solle die EU weltweit als Vorreiterrolle gelten, bei der Anpassung an den Klimawandel und beim Schutz der Natur. Als Vorbild nehme man sich dabei Dänemark vor – denn dieses Land hatte bei der Ölkrise in den 1970er-Jahren bereits die richtigen Konsequenzen gezogen und sie haben stark in den Ausbau der Windenergie investiert. Von der Leyen betont, dass die Ziele des “Green Deal” mit der ökologischen Umwandlung der Wirtschaft jetzt ohne Verzögerung umgesetzt werden sollen. Denn der Sommer 2022 – ausgetrocknete Flüsse, brennende Wälder und schmelzende Gletscher – wird eines Tages als ein Zeitpunkt begriffen, an dem sich etwas änderte. Die EU werde an ihren ehrgeizigen Zielen beim Klimaschutz und beim Artenschutz festhalten, bekräftigt von der Leyen.

2023 – Das Jahr der Aus- und Weiterbildung

In der Zukunft soll als Reaktion auf den Fachkräftemangel in vielen EU-Mitgliedstaaten stärker in die Aus- und Weiterbildung investiert werden. Von der Leyen spricht sich für günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen aus und betont die Wichtigkeit von Arbeitskräften mit den richtigen Kompetenzen und den Zugang zu Rohstoffen für die Industrie. Darüber hinaus spricht sie über den wirtschaftlichen Wandel, der die Wettbewerbsfähigkeit nicht einschränken dürfe. Die EU-Kommission plane ein KMU-Entlastungspaket, der einen Vorschlag für einheitliche Steuervorschriften für Geschäftstätigkeit in Europa enthält. Außerdem werden die Zahlungsverzugsrichtlinien überarbeitet. Die Kommissionspräsidentin schlägt vor, das Jahr 2023 zum Europäischen Jahr der Aus- und Weiterbildung zu machen, denn Europa muss „attraktiver werden für die, die etwas können und sich einbringen wollen“.

Die Tagesschau hebt fünf wesentliche Punkte aus der Rede hervor. Zu dem gesamten Artikel gelangt Ihr hier.

Die vollständige Rede in der deutschen Übersetzung findet Ihr hier.

 

Text: Vivien Schymainda