2019_04_08 Ich, Europa

Theater Dortmund: Ich, Europa (15.03.2019)

Das Theater Dortmund zeigt seit Oktober 2018 die Inszenierung „Ich, Europa“. Hier erwartet die Zuschauer_innen ein Perspektivwechsel, denn die Figur Europa wird in Monologen von Autor_innen aus der Türkei, Kurdistan, Irak, Iran, Libanon, Syrien, Jordanien, Palästina, Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien und Marokko dargestellt. Eine Vielfalt an Interpretationen der Liebes- und Leidensgeschichte der Beziehung zwischen Morgen- und Abendland findet sich im Stück, so die Beschreibung der Dortmunder Inszenierung.

„Ach du lieber Zeus!“ Alles beginnt mit der mythologischen Geschichte Europas. Die Königstochter ‚Europa‘ wird vom hingerissenen Zeus geraubt und verschleppt, auf den Erdteil, der später nach ihr benannt wird. Kurz darauf unterzieht sich Europa zu ihrem Geburtstag einer Selbstprüfung und ist doch bald von den Fragen ihrer Länder und Kulturen überfordert. Doch Europa kritisiert sich auch selbst und verteufelt die eigene Gewohnheit, wegzuschauen, wenn es zum Beispiel darum geht, dass ehemalige NVA-Waffen bei Verbrechen in der Türkei eingesetzt werden. Und Europa ist auch die ‚Friedensbraut‘, angelehnt an die Aktionskünstlerin Pippa Bacca, die in einem Brautkleid für den Frieden kämpfte und auf ihrem Weg vergewaltigt und ermordet wurde. Etliche Male der Apell „Aufwachen“, Dinge verändern, Verantwortung übernehmen. Europa wird aber nicht nur mit ihren negativen Seiten dargestellt, auch ihre Demokratie, ihr Umgang mit den Menschenrechten und ihre vielfältigen unterschiedlichen Kulturen werden aufgezeigt.

Elf verschiedene Monologe, keine Vorgaben, einzig der Anfang „Ich, Europa“. Das Stück bietet einen beeindruckenden Blick von außen auf Europa, im Gegensatz zu der sonstigen Perspektive von innen nach außen. Jeder Text wird einzeln durch die Figur „Europa“ dargestellt, die dabei in verschiedensten Facetten auftritt: im weißen Brautkleid, mit Gewehr, aus einem toten Stier kletternd, dem kleinen Prinz ähnlich, Länder verschluckend im großen Federkleid, verbrannt und kaputt. Übertitelt mit der arabischen Übersetzung schafft es das Schauspielhaus Dortmund, die divergenten Monologe zu einem gebündelten Stück zusammenzusetzen und zeigt dem Publikum einen sehenswerten Blick auf Europa, der ein Spiegel vorgesetzt wird.

„Ich, Europa“ wurde unter anderem von der Auslandsgesellschaft.de e.V. gefördert.

Text: Anita Lehrke, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Foto: © Anita Lehrke, Auslandsgesellschaft.de e.V