Townhall Meeting mit ehemaligen US-Abgeordneten zur Klimapolitik (04.11.2019)
Am 4. November 2019 lud das Europe Direct Dortmund in der Auslandsgesellschaft.de e.V. gemeinsam mit dem Amerika Haus e.V. NRW und der Stadt Dortmund zu einem Townhall Meeting ein: Zu Gast waren zwei ehemalige Kongressabgeordnete aus den USA, die Republikanerin Barbara Jean Comstock und der Demokrat Raymond Eugene Green. In einer Diskussion untereinander und mit dem Publikum thematisierten sie die aktuellen Beziehungen zwischen den USA und der EU sowie Deutschland. Dabei lag der Fokus auf dem Thema Klima: Wie kann den Auswirkungen von Klimaveränderungen gemeinsam entgegengewirkt werden? Die anstehenden Präsidentenwahlen in den USA standen natürlich ebenfalls auf der Agenda.
Nach einer Begrüßung durch Dr. Benjamin Becker, Direktor im Amerika Haus e.V. NRW, sowie Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft.de e.V., begann das Townhall Meeting mit einer Vorstellung der vom Strukturwandel geprägten Stadt Dortmund durch ihren Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Dieser zog zunächst einen historischen Vergleich zwischen Dortmund und Teilen der USA, wie Pittsburgh, welche lange Zeit von der Stahlindustrie geprägt waren und nun mit den vielschichtigen und tiefgreifenden Herausforderungen des Strukturwandels umgehen müssen. „Jetzt ist es ein neues Dortmund“, es werde jünger und jünger, betonte Sierau und verwies auf die „gamechangers“ Universität und Technologiepark. Durch diese seien in den letzten Jahren rund 300.000 Jobs geschaffen worden. Sie hätten einen großen Einfluss auf die Umgestaltung der Stadtgesellschaft, Dortmund biete nun mehr als Bierbrauen und Stahlarbeiten. So sei auch schon einiges hinsichtlich des Klimawandels und der Verringerung des CO²-Ausstoßes geschehen – dank Technologie und Innovationen. In diesem Zusammenhang nannte er die Stadt mit einem Augenzwinkern „Silicon Dortmund“ und verwies auf das noch größere Potenzial der USA an Technologien und Innovationen zur Bekämpfung des Klimawandels, weshalb ein Austausch immens wichtig und er für eben diesen sehr dankbar sei.
Auf die einleitenden Worte Sieraus folgte die Diskussion der beiden ehemaligen Kongressabgeordneten, moderiert von Gerald Baars, Leiter der Deutsch-Amerikanischen Gesellschaft Dortmund.
Bekämpfung des Klimawandels durch Austausch
In einem Punkt waren sich die Referent_innen des Abends einig: Lösungen für den Klimawandel lassen sich gemeinsam, im Austausch und im Lernen voneinander finden. Damit mehr saubere und sichere Technologien verwendet würden, müsse man schauen, wie diese in anderen Ländern verwendet werden. Die Republikanerin Barbara Jean Comstock, die von 2014 bis 2019 US-Abgeordnete war, machte diesbezüglich drei wichtige Bedingungen aus: „Innovation, Konversation, Anpassung“. Der Demokrat Gene Greene, langjähriger Abgeordneter von 1993 bis 2019, verwies auf die vorteilhafte Nutzung von Solaranlagen in Deutschland, welche die USA ausbauen sowie den Wechsel zur Windenergie vorantreibe müsse. Er hoffe, dass bei der nächsten US-Wahl mehr Menschen mit dem Klimawandel im Hinterkopf zur Wahlurne gehen würden und somit mehr in diesem Bereich angegangen werden könne.
Ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl 2020 – Strategien und Aussichten
„Die ganze Welt blickt auf Amerika und was dort geschieht.“, so Moderator Gerald Baars zu den beiden Gästen. Angesichts der anstehenden Wahlen im November 2020 fragte er, welche Erfahrungen die beiden Politiker_innen bis zu ihrem Austritt aus dem Kongress im Jahr 2019 gemacht haben und wie sie die anstehenden Wahlen beurteilen: Wie sehen sie die Chancen für den amtierenden Präsidenten Trump? Wie wird die Wählerschaft angesprochen? Wie erleben sie die zunehmend stattfindende Polarisierung?
Hier nahmen die beiden zunächst einen Rückblick auf die vergangene Wahl vor. Diese habe viel über das Wahlverhalten gezeigt: Trump habe nicht gewonnen, sondern Clinton habe verloren, so Green. Menschen würden öfters gegen jemanden stimmen als unbedingt für jemanden. „Ich glaube nicht, dass der Präsident wieder gewinnen kann, jedoch können die Demokraten erneut verlieren.“, ergänzte Comstock. Es sei bis jetzt jedoch noch nichts aktiv angegangen, was damit zusammenhänge, dass viele Politiker_innen Sorge vor einer sog. „Kardashian-Haltung“ hätten, was so viel bedeuten soll wie: „Je mehr sie im TV zu sehen sind, desto weniger wurde von ihnen erreicht“, erklärte Comstock. Die Republikanerin betonte weiter, dass es entscheidend für die Wahl sei, die Wähler_innen zu respektieren und sie nicht von oben herab zu behandeln. Das Problem, dem wir alle gegenüberstünden, nicht nur die USA, sei die Angst der Bevölkerung, bei Veränderungen zurückgelassen zu werden. Ein ähnliches Bild zeichnete auch Green. Es sei wichtig, dass man seiner Wählerschaft etwas biete, wofür sich ihr Gang zur Wahlurne lohne. Dabei müsse man sie wie Kund_innen behandeln. Dies sei in der Vergangenheit von Hillary Clinton falsch angegangen.
Hinsichtlich der angesprochenen Polarisierung der Bevölkerung äußerte sich der Demokrat enttäuscht über die Entwicklung: „Die Menschen wollen nicht hören, dass man zusammenarbeitet. Sie wollen Menschen kämpfen sehen, überall.“ Für den Wahlkampf im kommenden Jahr sahen beide den Demokraten Joe Biden als optimale Besetzung, um gegen Donald Trump anzutreten. Dieser habe die nötige Erfahrung als ehemaliger Vizepräsident unter Barack Obama und könne zäh genug sein, in einen „Kampf zu gehen“.
Diskussion mit den Teilnehmer_innen
In der Diskussion mit dem Publikum fand besonders das laufende Impeachment-Verfahren gegen den aktuellen Präsidenten Donald Trump Interesse. Darüber hinaus nahmen das Handelsabkommen zwischen der EU und den USA, der Austritt der USA aus dem Klimaabkommen und die anstehende Präsidentschaftswahl viel Raum ein.
Bezüglich des Impeachment-Verfahrens könne man vorerst kaum auf Resultate hoffen, so Comstock. Es solle bis Weihnachten abgeschlossen sein, jedoch kooperiere Trump nicht. Die Situation sei immer noch sehr unklar. Es handle sich bisher um sechs laufende Strafanzeigen und es komme ständig etwas hinzu, so Green.
Beide Referent_innen kritisierten den Rückzug des Präsidenten aus Handelsabkommen mit der EU und anderen Ländern. Unglücklicherweise gebe es keinen Bedarf nach neuen oder mehr Handelsabkommen, denn der amerikanischen Wirtschaft ginge es gut und die Arbeitslosenzahlen seien niedrig, so Comstock.
„Wie kommt man in Zeiten von ‚make America great again‘ und der persönlichen Überzeugung Trumps, der Klimawandel würde nicht vom Menschen geschaffen und verstärkt, zurück zu einer ‚alten‘ Politik mit gemeinsamen Werten?“, wurde aus dem Publikum gefragt. Green entgegnete mit einem Lachen: „Präsidentenwechsel.“ und führte danach weiter aus: Die EU und die USA sowie Deutschland und die USA würden gemeinsame Werte haben, nur entsprechen viele Ansichten Trumps eben diesen nicht.
Konkrete Vorschläge für den Umgang mit der Klimakrise sahen beide Gäste in der Wissenschaft und technologischen Entwicklung. Diese würden gute Antworten liefern und die Möglichkeit bieten, große Veränderung hervorzurufen. Einen tatsächlichen Wandel und somit eine verbesserte Lebensqualität zu erreichen, benötige weiteren Austausch. Auf diese Weise würde man „mehr mit weniger machen“, so Comstock.
Das Townhall Meeting mit Comstock und Green war insgesamt ein sehr aufschlussreicher und spannender Abend, an dem das Publikum die Möglichkeit hatte, sich direkt aus erster Hand ein Bild von den momentanen Beziehungen der USA mit Europa und Deutschland zu machen. Es war ein interessanter Einblick in die Stimmung der letzten Jahre sowie der aktuellen Politik in den USA. Um es mit den Worten von Gerald Baars zu beenden: „Wir haben ein spannendes Jahr vor uns.“
Text: Gerrit Zumstein, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Fotos: © Lena Borgstedt, Auslandsgesellschaft.de e.V.