Vorurteile überwinden durch Toleranz – Die ungarische Minderheit in der Vojvodina (Serbien) und die Flüchtlinge (02.06.2016)
Um neue Aspekte zu den Herausforderungen Europas durch den Zuzug von Geflüchteten zu gewinnen, hat das Europe Direct Dortmund gemeinsam mit der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft den ungarischen Referenten Gergely Kispál am 02. Juni 2016 zum Vortrag in die Auslandsgesellschaft NRW e.V. eingeladen. Der Titel seines Vortrages lautete: „Vorurteile überwinden durch Toleranz. Die ungarische Minderheit in der Vojvodina (Serbien) und die Flüchtlinge.” Gergely Kispál studierte Psychologie an der Fernuniversität Hagen, wo er sich in seiner Diplomarbeit mit den Themen Fremdenfeindlichkeit einerseits und Offenheit gegenüber Fremden andererseits beschäftigt hat. Im Spannungsfeld zwischen Xenophobie und Offenheit untersuchte Kispál beispielhaft die Frage, warum Menschen in Ungarn teilweise erhebliche Vorbehalte angesichts der aktuellen Fluchtbewegungen nach Europa entwickeln, während die in der serbischen Provinz Vojvodina lebenden ca. 260.000 ethnischen Ungar_innen eine menschlich gute und konstruktive Einstellung zu den durch die Region ziehenden Geflüchteten aufbauten. Hierzu hat er historische, kulturelle und sozialpsychologische Untersuchungen durchgeführt. In der Vojvodina, der nördlichsten Region Serbiens, lebt die serbische Bevölkerungsmehrheit (66,76 Prozent der im Jahr 2011 rund 1.9 Millionen Einwohner_innen) – durch historische Ereignisse bedingt – mit 26 weiteren Ethnien zusammen. Neben Ungarn leben hier u.a. Kroat_innen, Ruthen_innen, Slowak_innen, Sinti und Roma, Rumän_innen, Ukrainer_innen und Deutsche. In dieser Provinz gibt es – europaweit außergewöhnlich – sechs Amtssprachen und darüber hinaus hat Serbien ein modernes Minderheitengesetz. Herr Kispál hat erforscht, dass die ungarische Minderheit deswegen, aber auch beispielsweise durch Heirat einen guten Kontakt zur serbischen Mehrheitsbevölkerung hat. Die Ungar_innen in der Vojvodina stehen den Geflüchteten offener gegenüber als die ethnisch homogene Bevölkerung in Ungarn. Diese Erkenntnis seiner Untersuchung vor Ort korrespondiert mit den Ergebnissen langjähriger und in diesem Fachgebiet wegweisender Studien in den USA, die bereits in den 50er-60er Jahren bewiesen, dass sich Minderheiten, die gute Kontakte zur ethnisch fremden Mehrheitsbevölkerung haben, toleranter gegenüber anderen Minderheiten verhalten. In einer gut integrierten Minderheitengruppe entwickelt sich also mehr Toleranz gegenüber weiteren Minderheiten.
Als Fazit muss die Wichtigkeit einer Kernaufgabe unserer heutigen Zeit betont werden – nämlich eine gute und umfassende Integrationsarbeit zu gewährleisten.
Text: Magdolna Wiebe, Deutsch-Ungarische Gesellschaft, Auslandsgesellschaft NRW e.V.
Foto: © Auslandsgesellschaft NRW e.V.