Weihnachten im Süden

Weihnachten im Süden

In unserem letzten Teil der Weihnachtsreihe richten wir unseren Blick auf die südlichen Länder Europas. Auch Italien, Spanien und Griechenland haben einiges in puncto Weihnachtstraditionen zu bieten. Ein besonders wichtiger Teil der Weihnachtsfeier im südlichen Europa scheint das Spielen mit der Familie zu sein, häufig geht es sogar um Geld. Aber wie sieht es mit der Bescherung aus? Kommen auch im Süden die Geschenke vom Weihnachtsmann oder Christkind, wie es im Rest Europas üblich ist?

Italien

In Italien wird am 6. Dezember Santa Nicola, also der Nikolaustag, gefeiert, an dem die Kinder kleine Geschenke bekommen. Bereits eine Woche später folgt die nächste Feierlichkeit: Santa Lucia. Wie in einigen Ländern Europas wird auch in Italien am 13. Dezember das Lichterfest der heiligen Lucia gefeiert, die ihr ganzes Vermögen an die Armen vermacht haben soll. Zu diesem Fest wird daher traditionellerweise auch die sogenannte „Torrone dei poveri“ gebacken, eine Süßspeise, die aus Zucker und Kichererbsen angefertigt wird. Diese wird häufig an Bedürftige verschenkt.

Am Abend des 24. Dezembers wird mithilfe von Kanonenschüssen, die von der Castel St. Angelo (Engelsburg) in Rom abgefeuert werden, die Weihnachtszeit eingeleitet. Außerdem gibt es eine Tombola, woraufhin es zur Christmette in die Kirche geht.

Am ersten Weihnachtstag findet die Bescherung und das Weihnachtsessen statt. Hier weichen die Vorlieben in Italien voneinander ab. Häufig besteht das Festmahl aus Fisch und Meeresfrüchten. Zum Nachtisch steht aber überall typischerweise Panettone (eine Backware) mit Mascarponecreme und Spumante, ein italienischer Wein, auf der Speisekarte. Vor der Bescherung wird häufig mit einer Art Bingo um Geld gespielt, welches das Jahr über angespart wurde.

Am 6. Januar kommt laut Tradition die Hexe Befana und verteilt nochmal Geschenke oder Kohlestücke, falls die Kinder nicht artig waren. Dieser Tag war in Italien ursprünglich der Tag der Bescherung. Da die Italiener mittlerweile auch am 1. Weihnachtstag Geschenke überreichen und bekommen, gibt es heutzutage zwei Weihnachtsbescherungen.

Ein berühmtes italienisches Weihnachtslied heißt: „Tu scendi dalle stelle“, auf Deutsch: Du steigst von den Sternen herab.

Spanien

Eine wichtige Tradition der spanischen Weihnachtszeit ist die Weihnachtslotterie „El Gordo“ (Der Dicke), die größte und älteste Lotterie der Welt. Viele Spanier versuchen mit Tippgemeinschaften einen der Millionengewinne zu erhaschen. Am 22. Dezember wird die Ziehung des Jackpots von vielen Familien im Fernseher verfolgt.

Als Weihnachtsessen kommen in Spanien typischerweise Fleischbälle, Schweinerippen, Hühnerleber, Artischocken, Karotten, Kartoffel und mehr auf den Tisch. Als Nachspeise wird der sogenannte Dreikönigskuchen serviert, in welchem sich eine Bohne befindet. Wer diese findet, muss den Kuchen bezahlen.

Nach dem Essen ziehen alle Anwesenden aus der sogenannten „Urne des Schicksals“, in der sowohl Geschenke als auch Nieten erhalten sind. Jeder zieht so lange bis er ein Geschenk erhalten hat. In der Heiligen Nacht gehen viele Spanier in die Mitternachtsmesse zur Kirche. Danach finden an vielen Orten Treffen von großen Menschenmengen statt, die gemeinsam Weihnachtslieder singen und ein Feuer anzünden.

Am 28. Dezember findet in Spanien der Tag der heiligen Unschuldigen statt, der an die Kinder erinnern soll, die Herodes laut Bibel nach Jesu Geburt ermorden ließ. Der Tag wird ähnlich wie in Deutschland der 1. April gefeiert: Die Spanier versuchen, ihre Freunde und Verwandten zu veralbern.

In Spanien findet die Bescherung erst am 6. Januar, also am Dreikönigstag statt, da die Geschenke auch nicht vom Christkind oder Weihnachtsmann, sondern von den Heiligen Drei Königen überbracht werden.

Ein beliebtes spanisches Weihnachtslied heißt „En Belén tocan a fuego“, auf Deutsch: In Bethlehem spielen sie mit dem Feuer.

Griechenland

Statt sich, wie in Deutschland üblich, einen Tannenbaum ins Haus zu stellen, beschmücken die meisten Griechen traditionellerweise ein geschnitztes Schiff mit Lichterketten. Dieses sollte ursprünglich an die Seefahrer erinnern, die das Weihnachtsfest nicht mit ihrer Familie verbringen konnten.

In Griechenland gehen verkleidete Kinder am 24. Dezember um die Häuser und singen sogenannte „Kalanda“ (Ankündigungen der Weihnacht). Dafür erhalten sie meist Süßigkeiten, Obst oder Christopsomo, ein traditionelles Weihnachtsbrot.

Laut Tradition fliehen in der Heiligen Nacht koboldhafte Dämonen aus der Unterwelt und versuchen 12 Tage lang, den Menschen das Leben schwer zu machen. Aus diesem Grund zünden viele Griechen in dieser Zeit jede Nacht ein Feuer im Kamin an, was die Dämonen zurückhalten soll.

Da am 1. Weihnachtsfeiertag die Fastenzeit zuende geht, gibt es ein üppiges Weihnachtsessen: meist gefüllten Truthahn und Gebäck, beispielsweise Butterplätzchen mit Mandeln oder Gebäck mit Honigsirup.

In manchen Regionen Griechenlands wird zudem eine voraussagende Tradition aufrechterhalten. Griechische Mädchen holen Wasser von einem Brunnen, bei dem sie einige Nahrungsmittel hinterlassen, so dass er symbolisch gefüttert wird. Wer auf dem Heimweg am Schnellsten das eigenes Haus erreicht und mit dem Wasser aus dem Brunnen besprenkelt hat, darf sich auf ein glückliches nächstes Jahr freuen.

Die Bescherung findet in Griechenland traditionellerweise erst am 1. Januar statt. Die Geschenke bringt der heilige Vassilios, das Pendant zum deutschen Nikolaus. Heutzutage bekommen einige griechische Kinder ihre Geschenke jedoch wie in den meisten anderen europäischen Ländern am 24. oder 25. Dezember.

Eins der berühmtesten griechischen Weihnachtslieder heißt „Χριστός ‘γεννέθεν“, auf Deutsch: Christus ist geboren.

Tatsächlich kommen die Geschenke in allen drei Ländern traditionellerweise nicht nur weder vom Weihnachtsmann noch vom Christkind und trotz ihrer geografischen Nähe zueinander auch nicht vom gleichen Geschenkebringer, sondern von drei unterschiedlichen Figuren: Der Hexe Befana, den Heiligen Drei Königen und dem heiligen Vassilios. Es sieht also so aus, als müssten die Kinder in den südlichen Ländern Europas üblicherweise am Längsten auf ihre Geschenke warten.

 

Text: Luise Blessing