Weihnachten im Westen

Weihnachten im Westen

Esst ihr Truthahn zu Weihnachten? Falls ja, dann habt ihr etwas gemeinsam mit den drei Ländern, die wir euch heute vorstellen. Sowohl in den Niederlanden, als auch in Frankreich und Irland gibt es häufig Truthahn zum Weihnachtsfest. Der Truthahn ist nicht nur in einigen europäischen Ländern ein Klassiker, sondern auch in seinem Ursprungsland – den USA. Von dort wurde er nach Europa gebracht und bei festlichen Anlässen verspeist. Das beweisen Truthahnknochen, die zusammen mit edlem Geschirr aus dem Jahre 1555, in England ausgegraben wurden.

Aber genug über den Truthahn. Wie sieht es mit weiteren Weihnachtsbräuchen der westlichen EU-Mitgliedstaaten aus?

Niederlande

In den Niederlanden hat die Weihnachtsfeier keine so große Bedeutung wie bei uns. Stattdessen ist das Feiern von Sinterklaas häufig wichtiger als Weihnachten. Der niederländische Nikolaus und sein Begleiter „Zwarte Piet“ kommen bereits im November mit einem Schiff aus Spanien in die Niederlande gefahren. Die Ankunft wird jedes Jahr von vielen Niederländern vor Ort oder vor den Fernsehbildschirmen verfolgt. Die Kinder stellen mit Heu und einer Möhre gefüllte Schuhe vor den Kamin. Die Möhre ist für Amerigo, das Pferd von Sinterklaas, welcher den Kindern Süßigkeiten wie Lebkuchen, Gewürzkekse, Marzipan und Schokoladenbuchstaben hinterlässt.  Der Höhepunkt der Weihnachtszeit ist für viele Niederländer der Pakjesavond, der Päckchenabend, am heutigen 5. Dezember. Es werden Geschenke überreicht und gesungen.

Nachdem das Sinterklassfeiern vorbei ist, wird in vielen Häusern der Weihnachtsbaum aufgestellt.  An Heiligabend gehen viele Niederländer in die Kirche oder schauen sich gemeinsam Weihnachtssendungen im Fernsehen an.

Das große Weihnachtsessen findet am 25. oder 26. Dezember statt. Truthahn, Rouladen oder Raclette sind die meist gewählten Weihnachtsspeisen. Außerdem hängen kerstkransje, Weihnachtskränze, am Weihnachtsbaum, die gepflückt und gegessen werden können. Auch die Niederländer essen Weihnachtsstollen, allerdings statt Marzipanfüllung mit Spijs, einer Mandelpaste.

Ein beliebtes niederländisches Sinterklass-Lied heißt „Hoor wie klopt daar kinderen” „Hört, wer dort klopft, Kinder“

Frankreich

Zwei bedeutende Weihnachtstraditionen in Frankreich sind der „Réveillon“, der Weihnachtsschmaus, und der Weihnachtsbaum. Am 24. Dezember ist in Frankreich ein normaler Arbeitstag. Abends gehen viele Franzosen in die Kirche zur Weihnachtsmesse, woraufhin zuhause oder im Restaurant das Weihnachtsessen eingenommen wird. Dieses besteht meistens aus Truthahn, Kastanien und Pflaumen. Außerdem gibt es Weihnachts-Baumkuchen oder Gugelhupf.

Die Bescherung findet am 25. Dezember statt. Dafür legt der Weihnachtsmann die Geschenke unter den Weihnachtsbaum. In Frankreich gibt es nur einen Weihnachtsfeiertag, und zwar den 25.12. Sowie bei uns, finden sich auch in Frankreich in der Weihnachtszeit viele Weihnachtsmärkte.

Am ersten Sonntag im neuen Jahr wird in Frankreich das Dreikönigsfest gefeiert. Dazu gibt es einen Blätterteigkuchen aus Marzipan namens „Galette des Rois“, in dem eine kleine Porzellanfigur versteckt ist. Wer diese findet, setzt sich eine Pappkrone auf, und bestimmt jemanden zum König. Dieser muss am nächsten Tag eine neue Galette mitbringen.

Neben den Traditionen, die sich in ganz Frankreich finden, haben viele Regionen ihre eigenen Weihnachtsbräuche. In der Provence werden traditionelle Krippen-Porzellanfiguren namens „Santons“ erstellt. Diese finden sich auch auf den Santons-Märkten, die in der Provence anstelle von Weihnachtsmärkten besucht werden. Außerdem wird am 4. Dezember auf angefeuchtete Baumwolle Weizen gesät. Sollte dieser am 25. Dezember gut gekeimt sein, wird dies als Zeichen einer guten Ernte im nächsten Jahr aufgenommen. Zum Weihnachtsessen werden 7 Mahlzeiten und 13 Desserts serviert.

Im Elsass wird wie in Deutschland am 11. November Sankt Martin gefeiert. Am 4. Dezember wird ein Zweig eines Obstbaums abgeschnitten, dieser blüht an Weihnachten in einer Vase. Außerdem ist es Tradition, vor der Mitternachtsmesse das Holz im Kamin mit geweihtem Wasser zu beträufeln, um das Haus im nächsten Jahr vor einem Blitzeinschlag zu schützen. Im Elsass wird als Weihnachtsessen Gans, Bredle (trockene kleine Gebäcke), Gugelhupf und Weihnachtsbaumkuchen aufgetischt.

Ein traditionelles französisches Weihnachtslied heißt „Il est né, le divin enfant“ – auf Deutsch: „Er wurde geboren, das göttliche Kind“

Irland

In Irland wird das Haus in der Weihnachtszeit mit Efeu und Stechpalmenzweigen dekoriert. Außerdem wird ein Mistelzweig über die Eingangstür gehängt. Obwohl dieser ursprünglich böse Geister fernhalten sollte, ist er heute ein Zeichen für eine glückliche Zukunft jedes Paares, das sich unter dem Zweig küsst. Wie in Deutschland, zünden auch die Iren Kerzen an einem Adventskranz an. Dieser hat jedoch, anders als bei uns üblich, fünf Kerzen. Die drei lilafarbigen Kerzen werden am ersten, zweiten und vierten Adventssonntag angezündet, da die Farbe Lila in der katholischen Kirche für Buße steht.  Die rosafarbige Kerze brennt als Symbol für die Vorfreude am dritten Adventssonntag und die weiße Kerze wird an Weihnachten selbst entzündet.

An Heiligabend wird eine Kerze ins Fenster gestellt, die Maria und Josef willkommen heißen und Reisenden den Weg weisen soll. Es gibt Truthahn, Räucherlachs und Plumpudding, danach geht es gemeinsam in die Mitternachtsmesse. Am Morgen des 25. Dezembers dürfen die Kinder ihre Geschenke aus den Socken auspacken, die Santy, der irische Weihnachtsmann, dort in der vorherigen Nacht versteckt hat. Dafür wird dem Weihnachtsmann ein kleines Geschenk als Dankeschön hinterlassen.

In vielen Küstenorten findet am 25.12. außerdem das traditionelle Weihnachtsschwimmen statt. Viele Menschen kommen jedes Jahr an die Ufer, um die wagemutigen Schwimmer anzufeuern.

St. Stephen’s Day oder Wren Day wird in Irland am 2. Weihnachtstag begangen. Dieser soll an den heiligen Stephan erinnern, der angeblich von einem kleinen Zaunkönig (eng: wren) verraten wurde, hat aber auch einen keltischen Ursprung. Kinder und Jugendliche ziehen mit Stechpalmenzweigen, Masken und alten Kleidungsstücken verkleidet um die Häuser, singen und sammeln Spenden.

Am 6. Januar ist in Irland das „Weihnachten der Frauen“ oder das „Kleine Weihnachten“. Während die Männer zuhause das Haus vom Weihnachtschmuck befreien und das Essen zubereiten, gehen die Frauen in den Pub oder shoppen.

Ein bekanntes irisches Weihnachtslied ist „Don oíche úd i mBeithil“ – „Diese Nacht in Bethlehem“

Ob es Truthahn gibt oder doch Kartoffelsalat mit Würstchen – um diese Entscheidung zu treffen, habt ihr noch über zwei Wochen Zeit. Denn falls ihr Lebkuchen, Gewürzkekse, Marzipan oder Schokoladenbuchstaben zuhause habt, seid ihr für heute bestens ausgerüstet – In diesem Sinne: „fijne sinterklaas“ – frohes Sinterklaas!

 

Text: Luise Blessing