Wie gefährlich ist die FPÖ für Österreich und Europa? (20.02.2025)

Wie gefährlich ist die FPÖ für Österreich und Europa? (20.02.2025)

Auch fünf Monate nach der Parlamentswahl hat Österreich noch immer keine Regierung. Woran liegt das? Welche Rolle spielt die rechtspopulistische und in Teilen sogar rechtsextreme Freiheitliche Partei Österreichs? Was hätte eine Regierung mit FPÖ-Beteiligung für die EU bedeutet und welchen Einfluss hat FPÖ-Chef Herbert Kickl? Am 20. Februar hat der Politikjournalist Johannes Huber im Rahmen einer Onlineveranstaltung einen Einblick in die österreichische Politik gegeben.

Herausfordernde Regierungsbildung

Im September 2024 wählte Österreich einen neuen Nationalrat. Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) erreichte ein persönliches Rekordergebnis: mit 28,8% der Stimmen wird die Partei von Herbert Kickl stärkste Kraft. Hinter ihr verblieben die konservative Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ). Auch die Grünen sowie die Partei „Das Neue Österreich und Liberales Forum“ (NEOS) konnten nicht mithalten.

Die Regierungsbildung erwies sich im Nachgang als schwierig: Erste Koalitionsgespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS im Januar gescheiterten. Es folgten Verhandlungen zwischen der ÖVP und der FPÖ. „Die ÖVP hat sich bereit erklärt, Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ zu führen,“ erklärt Huber. Kurze Zeit sah es so aus als würde Herbert Kickl, Chef der FPÖ, Österreichs nächster Kanzler werden. Allerdings blieben auch diese Verhandlungen erfolglos. Ein Dokument gelang an die Öffentlichkeit und offenbarte welche Streitpunkte nicht überwunden werden konnten. Darunter auch die Europapolitik Österreichs: Die FPÖ ist extrem EU-kritisch, während der ÖVP am Zusammenhalt in Europa gelegen ist.

Nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen noch einmal an die Kompromissbereitschaft aller Parteien appelliert. Nun haben sich ÖVP, SPÖ und NEOS erneut zusammengesetzt. Kommt es diesmal zu einer erfolgreichen Koalitionsbildung, ist der Wahlsieger FPÖ nicht beteiligt. Die Österreicherinnen und Österreicher haben nun gesehen, wie weit die Partei gehen möchte. „Man erwartet sich nichts von der Regierung, die jetzt kommt,“ nimmt Huber die Stimmung im Land wahr. „Hauptsache die mit der FPÖ ist weg.“

Erfolgreich ist vor allem die FPÖ

In den letzten Jahren ist die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) besonders erfolgreich gewesen. Sie ist in der Mehrheit der Bundesländer in der Regierung vertreten: „In Österreich ist es so weit gekommen, dass die FPÖ in fünf von neun Landesregierungen vertreten ist,“ so Huber. Nun siegte sie auch bei der Nationalratswahl. Entstanden ist sie schon 1955. Gegründet wurde die Partei damals von ehemaligen NS-Persönlichkeiten. „Es hat in Österreich kaum Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gegeben,“ erklärt der Experte. Seither hat die FPÖ verschiedene Phasen durchgemacht. Heute etabliert sie sich als rechtspopulistische, in Teilen sogar rechtsextreme Partei.

Aktueller Vorsitzender der FPÖ ist Herbert Kickl. Obwohl die Partei große Erfolge zu verzeichnen hat, erfährt Kickl enormes Misstrauen in der Bevölkerung. „Er selbst ist nicht beliebt – es geht nicht um Sympathie,“ beobachtet Huber. „Nicht Kickl zieht die Menschen an, sondern die Themen, die er anspricht.“ Der Politiker stellt sich gegen das System. „Das Motto ist: Nach unten dienen, nach oben treten.“ Herbert Kickl kritisiert nicht nur die aktuelle Politik, er hat dabei auch Schwierigkeiten mit anderen zusammenzuarbeiten. „Mit seinem Alleinherrschaftsanspruch geht einher, dass er sich nicht mit den anderen Parteien einigen kann,“ so Huber. Andere Politikerinnen und Politiker bezeichnet Kickl in seiner Neujahrsrede als „Volksverräter“. In diesem Zug fordert er, sie auf eine „Fahndungsliste“ setzen zu lassen. Diese NS-Sprache sorgt allerdings nicht mehr für Aufsehen. „Das ist nichts Besonderes mehr,“ so der Experte.

Schwierige Zeiten für die Medienlandschaft

„Herbert Kickl strebt ganz offen eine Annäherung an Ungarn an,“ stellt Johannes Huber fest. Sein ungarisches Vorbild Victor Orbán hat die Medienlandschaft in seinem Land stark eingeschränkt. Auch Kickl strebt eine Neuordnung an. „Er möchte den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk kleinmachen,“ so Huber. „Das war ein Schock für den Journalismus in Österreich.“ Eine große Schwäche im vergleichsweise kleinen Medianangebot des Landes: die sogenannte Inseratenkorruption. Viele Medien sind abhängig von Werbung und Anzeigen. Dieses Verhältnis führt zu einer Einflussnahme der Politik. Ein unabhängiger, staatsferner Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk hat hier eine besondere Bedeutung.

Herbert Kickl war einst Redenschreiber für den ehemaligen FPÖ-Chef und Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache. In dieser Position hat er ihm eine starke Online-Präsenz aufgebaut. „Kickl war der erste Politiker der gezielt mit Facebook gearbeitet hat,“ so Huber. „Er hat es geschafft, Anhängerinnen und Anhänger unabhängig von anderen Medien zu bedienen.“ Österreichische Parteien bekommen staatliche Förderungen. Während der COVID 19-Pandemie hat die FPÖ diese Gelder eingesetzt, um eigene Medienangebote zu schaffen und zu etablieren. „Sie haben versucht sich von anderen abzusetzen,“ erklärt Huber.

Wie die Regierungsbildung in Österreich ausgeht, bleibt abzuwarten. Ebenso zu beobachten ist, welche Rolle die Freiheitliche Partei Österreichs mit Herbert Kickl dabei in Zukunft spielen wird. Klar ist jedoch: Ein Abwenden Österreichs von der EU würde Europa inmitten der geopolitischen Herausforderungen nur schwer verkraften.