Die Westbalkanstaaten und ihre Perspektive auf den EU-Beitritt

Die Westbalkanstaaten und ihre Perspektive auf den EU-Beitritt

Die sechs Westbalkanstaaten bemühen sich um den Beitritt in die Europäische Union – mit unterschiedlichem Erfolg.

Auf wirtschaftlicher Ebene sind die Staaten des Westbalkans und die EU bereits miteinander verbunden und die EU sieht es als Priorität, diese Beziehung zu festigen. Der Westbalkan ist für die EU nicht nur von wirtschaftlichem, sondern auch von geopolitischem Interesse. Denn während der Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten stagniert, versuchen Staaten wie Russland, China oder die Türkei in der Zwischenzeit ihren Einfluss in der Region auszubauen.

Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien und Bosnien-Herzegowina sind bereits EU-Beitrittskandidaten. Serbien und Montenegro führen zudem schon Beitrittsverhandlungen. Aufgrund instabilen politischen Verhältnissen im Kosovo gilt dieser Staat nur als potenzieller Beitrittskandidat.

Wie lief der EU-Beitrittsprozess der Westbalkanstaaten bislang ab? Was sind die Hintergründe und der Stand der Verhandlungen? Und welche Bedenken und Herausforderungen stehen einem Beitritt noch im Weg?

Stand der EU-Beitrittsverhandlungen der einzelnen Staaten

Montenegro – ist seit 2010 EU-Beitrittskandidat. Zwei Jahre später haben die Beitrittsverhandlungen begonnen und aktuell sind alle 35 Kapitel der Beitrittsverhandlung eröffnet, davon aber nur wenige abgeschlossen. Die EU nannte 2018 das Jahr 2025 als möglichen Zeitrahmen für den Beitritt Montenegros.

Serbien – hat den Beitrittsstatus seit 2012 und die Beitrittsverhandlungen haben 2014 begonnen. Die Verhandlungen befassen sich erst mit 22 der 35 Kapitel, davon sind nur zwei Kapitel vorläufig abgeschlossen. Die zeitnahe Aufnahme gilt, sowohl wegen der stockenden Verhandlungen, als auch wegen der Gewaltausbrüche zwischen Serbien und dem Kosovo, als unwahrscheinlich. Damit der EU-Beitritt infrage kommt, muss die Beziehung zwischen beiden Staaten normalisiert werden.

Nordmazedonien – der Staat hat den Beitrittskandidatenstatus bereits 2005 erhalten, der Beginn der Beitrittsverhandlungen zögerte sich allerdings bis 2022 hinaus. Grund dafür war der Streit um den Namen des Landes und das daraus resultierende Veto durch Griechenland. 2020 benannte sich der Staat in Nordmazedonien um und sorgte damit für politische Einigung in der Zustimmung über Nordmazedoniens Verhandlungsaufnahme.

Albanien – ist seit 2014 EU-Beitrittskandidat. Die Beitrittsverhandlungen wurden auch hier im Juli 2022, nach längeren Veto Blockaden, eröffnet. Die Blockade einiger Mitgliedstaaten ergab sich aus Bedenken, inwieweit Albaniens Reformen in Bezug auf Justiz, Verwaltung sowie Bekämpfung von Korruption und Kriminalität fortgeschritten sind.

Bosnien-Herzegowina – hat am 15.12.2022 den Status eines Beitrittskandidaten von dem Europäischen Rat verliehen bekommen. Daran geknüpft ist die Voraussetzung, dass in dem Land die Rechtsstaatlichkeit gestärkt wird, Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und organisierte Kriminalität, zur Verbesserung der Migrationssteuerung und zur Stärkung der Grundrechte umsetzt werden.

Kosovo – der offizielle Antrag zum Beitritt in die EU erfolgte seitens Kosovo im Dezember 2022. Aktuell gehört der Kosovo zu den Staaten der „potenziellen Beitrittskandidaten“. Die Souveränität des Staates, der sich 2008 für unabhängig erklärte, wird von diversen EU-Mitgliedstaaten nicht anerkannt. Die Frage um die Unabhängigkeit Kosovos führt im Land zu Unruhen und politischer Instabilität, was den EU-Beitritt als kompliziert gestaltet.

Bedenken und Herausforderungen

Der potenzielle Beitritt der Westbalkanstaaten ist umstritten und stößt sowohl auf Befürworter als auch Kritiker. Gegner zweifeln sowohl an der Beitrittsfähigkeit der Kandidatenländer selbst, als auch an der Aufnahmefähigkeit der EU vor allem während der aktuellen Herausforderungen, wie z.B. dem BREXIT, der Pandemie und dem anhaltenden Krieg in der Ukraine.

Kritiker der EU-Erweiterung führen das Argument an, die EU müsse sich zunächst selbst reformieren, bevor sie bereit sei, weitere Mitgliedstaaten aufzunehmen. Dieser Ansicht ist auch der französische Präsident Emmanuel Macron. Es würde der EU demnach aktuell schaden neue Mitglieder aufzunehmen, da diese vielmehr neue Probleme mitbringen und die EU zurückwerfen würden. Weitere Kritik besteht in den Fortschritten der Westbalkanstaaten auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft. Die Verhandlungen mit den Staaten stagnieren und es wird hinterfragt, inwieweit die Reformen in den Westbalkanstaaten erfolgreich seien.

Klar ist aber auch: Wenn die EU ihre Einflussmöglichkeiten in der Region erhalten will, muss ein Weg zum Beitritt für den gesamten Westbalkan aufgezeigt werden.

 

Text: Bianca Berenberg