Krieg in der Ukraine- Russland als (neue) Gefahr für ganz Europa? (11.04.2022)

Krieg in der Ukraine- Russland als (neue) Gefahr für ganz Europa? (11.04.2022)

Am 24. Februar 2022 begann Russland mit einem großangelegten Angriff auf die Ukraine. Seitdem verschlimmert sich die Lage von Tag zu Tag. Doch wie wird es weitergehen? Welche Auswirkungen wird der Krieg auf Europa haben? Wie können die EU und Deutschland insbesondere reagieren und was können wir als Bürgerinnen und Bürger tun?

Diese und weitere Fragen wurden mit der Journalistin und Russland-Expertin Gemma Pörzgen und dem Politikwissenschaftler Professor Siebo Janssen am 11. April 2022 diskutiert. Moderiert wurde die Veranstaltung von Jochen Leyhe.

„Die Welt ist eine andere geworden“,

stellten Moderator Jochen Leyhe und die Teilnehmenden zu Beginn der Diskussion fest. Aber waren wir in Deutschland und im restlichen Europa zu naiv? Hätte man die aktuellen Geschehnisse nach Ereignissen wie der Annexion der Krim nicht antizipieren und sich geeignet vorbereiten können?

„Man hat die Geschehnisse gesehen und darauf reagiert. Man hat diplomatisch versucht mit Russland zu kooperieren“, so Pörzgen, die momentan mit Bekannten aus beiden Ländern laufend in Kontakt steht.

Versäumnisse in der Energiepolitik

Siebo Janssen, der unter anderem als Dozent für eine Universität aus Moskau tätig ist, kritisiert die Energiepolitik Deutschlands der letzten Jahre „Wir haben zu lange auf alte Energieformen gesetzt, dass fällt und jetzt wieder auf die Füße“, so der Politikwissenschaftler. Vor allem weil ein konsequenter Öl- und Gas-Boykott Putin weit mehr Schaden zufügen würde als alle bisherigen Sanktionen, obwohl diese schon mit einem prognostizierten BIP-Verlust Russlands von 11% definitiv Wirkung zeigen. Darüber hinaus könnte so eine europäische Werte-geleitete Politik nach außen vertreten werden. Ein derartiger Boykott und ein konsequenter Wechsel auf erneuerbare Energien sei Pörzgen zufolge wirtschaftlich momentan leider nicht realisierbar. Jedoch sei es wichtig weitere Sanktionen zu erheben, die vor allem Putin und sein Umfeld direkt treffen, um den Druck zu erhöhen, so die Experten weiter.

Darüber hinaus sei es trotzdem unerlässlich „weiterhin mit Putin zu reden und zu verhandeln, obwohl er ein Kriegsverbrecher ist.“, betonte Janssen um jede Chance auf eine Verbesserung der Lage in der Ukraine zu nutzen. Ein wichtiger Grund für den eventuellen Abzug russischer Truppen seien jedoch in erster Linie die Kriegsverluste, die sich bereits jetzt auf eine weitaus höhere Anzahl belaufen, als in vielen Jahren des Afghanistan-Krieges, konstatierte Pörzgen, die sich als Gründungsmitglied immer noch für „Reporter ohne Grenzen“ einsetzt. Jedoch sei auch die ukrainische Armee „am Limit“.

Wie geht es weiter?

Der Krieg werde langfristige Folgen haben, sind sich die Experten sicher. Neben den katastrophalen Umständen in der Ukraine ist „auch Russland ein Land ohne Zukunft“, stellte die Journalistin fest, da es sich wirtschaftlich und diplomatisch isoliert und viele junge Menschen, vor allem Akademiker das Land verlassen. Für die Zukunft ist es für Janssen essentiell in eine „eigene europäische Außen- und Verteidigungspolitik respektive in eine europäische Armee zu investieren“, da die USA vielleicht nicht mehr lange eine verteidigungstechnische Garantenrolle übernehmen werden. Zum anderen zeigt die aktuelle Lage die Wichtigkeit, das Engagement im Bereich der erneuerbaren Energien zu erhöhen.

Was können wir tun?

„Die Ukraine will kein Regime. Dabei müssen wir unterstützen“, ergänzte Pörzgen. In dem Zuge betonten die Experten und der Moderator Jochen Leyhe, dass jeder einen Beitrag dazu leisten kann. Beispielsweise im Rahmen von Spenden oder des Engagements für soziale Projekte in der Heimatstadt. Auch die großartige Unterstützung durch eine Aufnahme von Flüchtlingen sei ein großer Beitrag und helfe darüber hinaus auch Vorurteile abzubauen und den Zusammenhalt zu stärken.