Planspiel „Phantastic Plastic? – Eine Taktik für das Plastik“ (23.06.2020)

Planspiel „Phantastic Plastic? – Eine Taktik für das Plastik“ (23.06.2020)

Wie kommt eigentlich ein europäisches Gesetz zustande und wie kann die Europäische Union etwas gegen das Plastikmüllproblem unternehmen? Die EU hat erkannt, dass die Verschmutzung mit Plastik in Europa und der ganzen Welt ein sehr drängendes Problem ist. Ein Gesetz soll dagegen etwas unternehmen. In einem Planspiel, welches vom Institut für Internationale Bildung der CIVIC GmbH entwickelt und durchgeführt wurde, konnten Schüler_innen des Anne-Frank-Gymnasiums Werne lernen, wie das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren der EU funktioniert. Dabei schlüpften sie in die Rollen des EU-Parlaments, der EU-Kommission und des Rates der EU und versuchten ein Gesetz zur Regulierung von (Einweg-)Plastikmüll zu erarbeiten.

Einstieg ins Thema

Als Einführung in das Thema gab es einen kurzen Überblick über die Mengen und Auswirkungen des Plastikmülls. Mittels eines Kahoot-Quiz wurden die Schüler_innen miteinbezogen und konnten mit ihrem eigenen Wissen oder Vermutungen raten, welches Land beispielsweise den meisten Kunststoffverbrauch pro Kopf in der EU hat. Überrascht waren die Teilnehmer_innen dabei, dass Deutschland mit 36kg pro Kopf nur auf Platz 6 liegt und Irland mit 58kg pro Kopf an der Spitze steht. Danach ging es darum, mit welchen Herausforderungen die EU bei der Regulierung von Plastikmüll konfrontiert ist. Anschließend ging die erste Arbeitsphase los, bei der die Schüler_innen sich auf drei Räume aufteilten und sich in ihre Rollenprofile, die zufällig verteilt wurden, einlesen konnten. Danach waren alle fest in ihren Rollen als EU-Parlamentarier_in, als EU-Ratsminister_in oder als EU-Kommissar_in und es ging weiter mit der Eröffnungsrede durch die EU-Kommission.

Einlesen in die Rollenprofile und das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren der EU

“Was passiert mit dem Plastikmüll, der laufend anfällt? Jeder und jede ist von Plastikmüll betroffen. Die EU hat hier eine Vorreiterrolle zu spielen!”

So verdeutlichten die Vertreter_innen der EU-Kommission die Dringlichkeit und die Wichtigkeit der Thematik, für die sie einen Gesetzesvorschlag präsentierten. Den Gesetzesvorschlag mussten die Schüler_innen sich nicht komplett selbst ausdenken, sondern konnten bei sieben Artikel jeweils aus zwei Möglichkeiten auswählen, unter anderem ein generelles Verbot von Plastik, der Schutz von Gewässern und Anreizen für mehr Sauberkeit. Mit diesen abschließenden Worten der Kommission zogen sich das Parlament und der Rat zur Beratung zurück: „Ich darf Sie daher einladen, mit größter Anstrengung an einem Gesetzesvorhaben mitzuarbeiten, dass uns seit längerem beschäftigt und für welches es nun gelungen ist, einen Entwurf vorzulegen. Wir hoffen auf Ihre Kooperation und freuen uns auf eine ergebnisreiche Zusammenarbeit!“

Eröffnungsrede der Kommission

Scheitert eine Lösung an den Kosten?

Die Jugendlichen befanden sich schnell in einer hitzigen Debatte und vertraten die Positionen ihrer zugewiesenen Rollen. Vor allem im Rat der EU wurde schnell deutlich wie schwierig eine Einigung werden würde. Unter den Minister_innen war man sich zwar der Problematik bewusst und wollte Plastikmüll vermeiden, doch sobald es um die Wirtschaft oder die Kosten ging, vertraten die Beteiligten ganz klar die Interessen ihrer Länder. So äußerte Italien, dass es unmöglich sei komplett auf Kunststoff zu verzichten, da die ansässige Modeindustrie viel damit arbeitet und ein Verbot der Wirtschaft schaden würden. Auch andere Länder waren besorgt über den möglichen Verlust der bis zu 1,5 Millionen Arbeitsplätze, die in der EU mit dem Kunststoff verbunden sind oder schlicht über eine Sorge der Abwanderung der Industrie in ein Land ohne strenge Gesetze.

Spanien machte den Vorschlag, dass Länder mit starker Wirtschaftsleistung, insbesondere Deutschland, einen größeren Beitrag zahlen sollten. Auch im Hinblick darauf, dass viel Müll in Spanien von Touristen stamme. Kurz darauf entfachte eine Diskussion, bei der der Vertreter Spaniens mit den Worten: „Spanien ist nicht bereit auch nur einen Cent zu bezahlen“, für Aufruhr sorgte. Trotzdem schaffte man es sich zumindest auf einige wenige Punkte zu einigen, auch dank der Vermittlerrolle der Kommission, die noch einmal betonte, dass jedes Land ein Interesse am Umweltschutz haben sollte.

Zeitgleich fand in der ersten Lesung der Gesetzesvorschlag der Kommission im Parlament trotz einiger Änderungsvorschläge weitaus größere Zustimmung als im Rat.

Der gewählte Vorsitzende des Parlaments spricht zu den Abgeordneten

„Anreize müssen geschaffen und Kosten gerecht verteilt werden“

Nachdem das Parlament dem Rat seine Änderungsvorschläge zugetragen hat, wurde abermals diskutiert. Die Minister_innen taten sich schwer und versuchten eigene Änderungen einzubringen. In der nachfolgenden Abstimmung über die einzelnen Artikel des Gesetzesvorschlags, war es nur möglich für wenige Gesetze eine Mehrheit zu finden. Im abschließenden Vermittlungsausschuss zwischen den Vorsitzenden des Rates, des Parlaments und der Kommission einigte man sich letztendlich auf drei von sieben Artikel der Richtlinie. Bei der Verkündung waren alle wieder in der Mensa versammelt.

Erfolgreicher Abschluss

„Ich fand’s geil“

Die Schüler_innen waren am Ende des Planspiels zwar erschöpft, aber trotzdem zufrieden mit ihrer Arbeit und für das Planspiel gab es durchweg positives Feedback. Obwohl es für einige schwieriger war als für andere in ihre Rolle zu schlüpfen, bewerteten die Jugendlichen die Situation als sehr realitätsnah und verstanden die Schwierigkeit einer Einigung zwischen den Mitgliedsstaaten der EU sowie zwischen den verschiedenen Gremien. Die Auswertung fand unter anderem als Umfrage über Mentimeter statt, wo die Schüler_innen angeben konnten, was sie gelernt hatten und was sie aus dem Planspiel mitgenommen hatten.

Das Planspiel war Teil der Europa-Projektwochen 2020 zum Thema „Klima- und Umweltpolitik in der EU“, die zusammen mit der Stadt Dortmund und dem DGB Dortmund-Hellweg realisiert wurden.

Text: Lukas Steinhoff, Auslandsgesellschaft.de e.V.
Fotos: © Lukas Steinhoff und Svenja Hennigfeld, Auslandsgesellschaft.de e.V.